Neun politische Rezepte für mehr Wohnraum
Auf dem Wohnungsmarkt drückt der Schuh. Und zwar nicht erst seit gestern. Mittlerweile bieten Parteien aus allen Lagern Rezepte gegen die Wohnungsnot an. Eine Übersicht.
Die abstimmungsreife
Über sie entscheiden wir am übernächsten Sonntag. Die Initiative «Mehr bezahlbare Wohnungen im Kanton Zürich» von Mitte, EVP, GLP, SP, Grüne und AL will, dass Gemeinden in bestimmten Fällen ein Vorkaufsrecht für Grundstücke einführen können, wenn sie dieses für den gemeinnützigen Wohnungsbau verwenden möchten. Im Kantonsrat wurde die Initiative abgelehnt, dafür fand ein Gegenvorschlag eine Mehrheit. Er will den kantonalen Fördertopf für gemeinnützigen Wohnungsbau auf 360 Millionen Franken verdoppeln. Dieses Geld kann als Darlehen an Genossenschaften abgegeben werden, die damit günstige Wohnungen bauen können. Winterthur profitiert von diesem Topf bisher aber unterdurchschnittlich. Von etwas über 2000 Wohnungen, die daraus seit 2005 subventioniert wurden, lagen 1800 in der Stadt Zürich, wie der «Tages-Anzeiger» herausfand.
Die «bald» umgesetzte
Vor wenigen Tagen legte der Stadtrat eine neue Verordnung vor, die Bauherrschaften verpflichten will, bei bestimmten Projekten einen Anteil von 20 bis 50 Prozent kostengünstiger, vorzugsweise gemeinnütziger Wohnungen zu erstellen. Auch potenzielle Mieter:innen sollen gewisse Kriterien erfüllen. Sie müssen die Wohnungen gut auslasten, bereits in der Gemeinde wohnen und dürfen im Verhältnis zum Mietzins kein zu hohes Einkommen haben. Die Grundlagen für diese Verordnung hat die Zürcher Stimmbevölkerung geschaffen. Vor über zehn Jahren stimmte sie dem Gegenvorschlag einer SP-Initaitive zu, welcher die entsprechenden Rahmenbedingungen setzte. Bis die schätzungsweise 100 bis 150 preisgünstigen Wohnungen entstanden sind, wird es noch einmal vier bis sieben Jahre dauern, schreibt der Stadtrat.
Die Genossenschafts-Zwillinge
Sie wollen dasselbe, aber richten sich einmal an den Kanton und einmal an die Stadt. Auf Kantonsebene heisst die Initiative von SP, AL und Grünen «Wohninitiative» ‒ die wenig kreative Namensgebung macht die Unterscheidung all der Volksbegehren nicht einfacher. Auf Level Stadt und von der hiesigen SP initiiert, heisst sie «Wohnen in Winterthur». Die Forderung: Die Errichtung einer öffentlich-rechtlichen Anstalt beziehungsweise einer Stiftung, die gemeinnützigen Wohnungsbau fördern soll. Der Kanton soll seine Trägerin mit 500 Millionen, die Stadt ihre mit 40 Millionen Franken ausstatten. Im Kantonsrat wurde die Initiative am Montag abgeschmettert, ein weniger konkreter Gegenvorschlag gutgeheissen. In Winti macht sich die SP pünktlich zum Wahlkampfauftakt auf Unterschriftensammlung.
Die SVP-Geschwister
Ebenfalls auf die Wahlen terminiert ist die «Wohninitiative ‒ Für eusi Stadt, für eusi Familie» der SVP Winterthur. Sie möchte Mieter:innen, die seit mindestens drei Jahren in der Gemeinde wohnen oder schon einmal zehn Jahre hier gelebt haben, einen Vorrang einräumen. Und zwar, wenn sie sich auf eine der 628 Wohnungen bewerben, die der Stadt gehören. Die Initiative wurde Anfang November lanciert, nun muss die Volkspartei innert sechs Monaten 1000 Unterschriften für ihr Anliegen sammeln. Dasselbe Anliegen «Recht auf Heimat ‒ Wohnige für eusi Lüüt» gibt es auch auf Kantonsebene. Dort würde der Einheimischen-Vorrang greifen, sollten in der Schweiz bis 2050 mehr als 10 Millionen Menschen (WNTI berichtete).
Die schützende Hand
Auf den Schutz von Mieter:innen zielt eine Initiative der linken Parteien und des Mieterinnen- und Mieterverbands Zürich ab. Sie will, dass Gemeinden bei Um- oder Neubauten und Sanierungen eine Zinserhöhung begrenzen können. Werden Wohnungen abgerissen, soll die Kommune Ersatz von günstigem Wohnraum von der Bauherrschaft fordern können. Auch diese «Wohnschutz-Initiative» wurde am Montag im Kantonsrat deutlich abgelehnt. Ein vom Rat befürworteter Gegenvorschlag will dafür Eigentümer:innen stärker in die Pflicht nehmen. Sie müssten beispielsweise prüfen, ob eine Sanierung in bewohntem Zustand möglich ist. Kündigungen von 20 oder mehr Mietverhältnissen würden strengeren Auflagen unterliegen als bisher.
Die Eigentums-Goodies
Gleich zwei Initiativen lancierte der Hauseigentümerverband auf kantonaler Ebene. Mit der «Starthilfe-Initiative» möchte er ein staatliches Darlehen einführen, das es Käufer:innen von Immobilien erleichtern soll, bei Banken eine Hypothek zu beantragen. Sie wurde Ende Oktober im Kantonsrat beraten und dem Volk zur Ablehnung empfohlen. Zweiter Streich war die «Wohneigentums-Initiative». Sie forderte, dass bei staatlichen Bauprojekten nicht nur günstige Miet-, sondern auch mindestens gleich viele, kostengünstige Eigentumswohnungen hätten gebaut werden sollen. Sie wurde vom Kantonsrat ebenfalls abgelehnt. Damit ist das Anliegen vom Tisch.
Wie die meisten Journalist:innen in Winterthur studierte auch Tizian an der ZHAW. Anders als die meisten aber begann er in der Kommunikation, bevor ihn der Journalismus rief. Nach fünf Jahren bei Zuriga startete Tizian bei der Andelfinger Zeitung in den Lokaljournalismus.
Doch bereits nach zweieinhalb Jahren zog es ihn weiter. Allerdings nicht, weil er die Passion für die journalistische Paradedisziplin verloren hatte, im Gegenteil. Als Mitgründer und Chefredakteur von WNTI, macht er jetzt das, was "Winti Chinde" am besten können – über ihre Stadt erzählen.