Quo vadis, Sommertheater?

Seit drei Jahren verstaubt die Bühne am Stadtpark – worauf sich eine Leserin bei uns meldete. «Was läuft da?», fragte sie. Sebastian Galli hat sich nach dem Stand der Dinge erkundigt.

Massstab, Zeit
Die Läden sind dicht – nicht nur vorübergehend, wie hier auf dem Bild von 1981, sondern endgültig. 2022 wurde im Sommertheater das letzte Mal gespielt. (Bild: ETH-Bibliothek Zürich, Bildarchiv)

Wenn man dem Webportal der Stadt Winterthur glauben will, könnte ich heute Abend um 20 Uhr eine Vorstellung besuchen. Wäre da nicht der Umstand, dass das ehemals älteste Theater der Stadt Geschichte ist. 2022 wurde die letzte Saison gespielt – seither ist die städtische Immobilie an prominenter Lage ungenutzt. Ob und wie die Stadt das ändern will, ist unklar. Stadtparlamentarier Miguel Bachmann (AL) hat deshalb beim Stadtrat eine schriftliche Anfrage eingereicht. Diese wird allerdings erst am 7. Juli beantwortet. Zuletzt kommunizierte die Stadt vor über einem Jahr.

Bachmann kritisiert, dass das Sommertheater drei Jahre nach der Schliessung noch immer leer steht. «Eine Zwischennutzung wäre eine Möglichkeit, Schwung in die darbende Kulturszene zu bringen.» Gerade für kleine Künstler:innen sei das wichtig, da es oftmals alternative Kulturangebote seien, die von Zwischennutzungen profitieren. Zudem würde es auch finanziell Sinn machen. Denn solange die Liegenschaft leer stehe, zahle die Stadt obendrauf. Als Grund für die fehlende Zwischennutzung sieht Bachmann die in den wiederholten Kürzungen des Budgets. Diese würden der Stadt keinen Spielraum für kleine Experimente lassen. Seine schriftliche Anfrage sei ein Versuch, die lokale Theaterszene ins Scheinwerferlicht zu rücken und so den politischen Druck zu erhöhen. «Wir wollen nicht, dass das Thema einfach versandet», sagt Bachmann. Winterthur sei eine Kulturstadt. Doch dieses Prädikat müsse auch verdient werden. 

Sommertheater Winterthur
Eine Vorstellung 1973, damals noch unter der Leitung von Markus Breitner. Er holte die später schweizweit bekannte Stephanie Glaser auf die Bühne. Sein Nachfolger Hans Heinrich Rüegg leitete das Theater ab 1982. (Bild: ETH-Bibliothek Zürich, Bildarchiv)

Das ehemalige Sommertheater wurde 1865 gegründet und existierte für die nächsten knapp 160 Jahren in verschiedenen Formen. 1982 übernahm der Schauspieler Hans Heinrich Rüegg die Leitung. 2022 wollte der damals 79-Jährige das Theater an einen Nachfolger übergeben, doch als dieser unerwartet einen Rückzieher machte, entschied sich Rüegg, den Subventionsvertrag mit der Stadt auf Ende Saison zu kündigen. Im Sommer 2023 gab es einen Austausch zwischen der Stadt und der Winterthurer Kulturszene. Dabei wurde eine Pilotphase für eine Zwischennutzung des nun ungenutzten Theaters erarbeitet. Diese wurde aber nie umgesetzt. Im Frühling 2024 teilte die Stadt mit, dass «ein denkmalpflegerisches Gutachten erstellt und städtebauliche Fragen grundsätzlich und in der gebotenen Sorgfalt geklärt werden müssen.» Seither blieb es still um das Sommertheater.

«Man befragt einfach unterschiedliche Interessensgruppen und kann danach machen, was man will. Man hat sich ja mit allen ausgetauscht.»

Hedi Strahm, Präsidentin Bewohnerverein Altstadt

Nicht nur Miguel Bachmann interessiert sich für den Stand der Dinge. Auch Hedi Strahm, Präsidentin vom Bewohnerverein Altstadt, wünscht sich eine klarere Kommunikation. «Ich habe vor einem Monat bei der Stadt nachgefragt, doch die konnten nichts dazu sagen.» Strahm war selbst Teil der Arbeitsgruppe, welche die geplante Pilotphase erarbeitet hat. Trotzdem steht sie solchen Arbeitsgruppen skeptisch gegenüber. «Man befragt einfach unterschiedliche Interessensgruppen und kann danach machen, was man will. Man hat sich ja mit allen ausgetauscht.» Bei der Umnutzung des alten Polizeigebäudes am Obertor sei das auch so gewesen.

Für eine zukünftige Nutzung des Sommertheaters sind Strahm zwei Punkte wichtig. Erstens sollen nur unverstärkte Events stattfinden, da die Lärmbelastung für die Anwohnenden in der Altstadt ohnehin schon gross sei. Zweitens soll es kein reiner «Kommerzbetrieb»sein. Denn mit der Aufwertung des Stadtparks schwinde die Fläche, auf der man sich ohne Konsumzwang aufhalten könne, ohnehin schon. «Alle sollen sich den Stadtpark leisten können», sagt Strahm. Sie ist der Meinung, dass die Stadt den ganzen Prozess öffnen muss. «Ich bin mir sicher, dass es viele gute Ideen gibt, die müsste man einfach zulassen.»

WNTI-Portrait-Sebastian-Galli

Seba studiert in Winti Journalismus, weiss wie man ein Bier zapft, verbringt seine Wochenenden gerne auf der Schützi und kennt in Winti allerhand spannende Figuren. Seba ist ein Urwinterthurer, aufgewachsen ist er in Veltheim. Nur eines fehlt ihm für den Winti-Ritterschlag: Geboren ist er im Triemli in Zürich.

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