Kitas wollen eine direkte Subventionierung
Bisher unterstützt die Stadt einkommensschwache Eltern, die ihr Kind in die vorschulische Betreuung geben möchten. Von dieser Subvention käme zu wenig bei den Kitas an, sagen über 20 Trägerschaften in Winterthur.
Zwischen 110 und 130 Franken kostet ein Tag in einer Winterthurer Kita. Viel Geld ‒ aber zum Glück schafft der Staat Abhilfe. Einkommensschwache Eltern zahlen wesentlich weniger. Mit bis zu 92 Franken bezuschusst die Stadt einen Platz täglich, pro Jahr summieren sich so 13 Millionen Franken an Subventionen.
Trotzdem spitze sich die finanzielle und personelle Situation dramatisch zu, heisst es in einem Brief, den über 20 Winterthurer Kita-Trägerschaften unterschrieben und an das Stadtparlament geschickt haben. Bereits vor anderthalb Jahren wurde er eingereicht und fand über Umwege schliesslich zum Stadtrat. Der zentrale Kritikpunkt: Das Subventionsmodell sei nicht mehr zeitgemäss. Denn mit den Subventionen würden die Eltern, nicht aber die Kitas unterstützt.
Aktuell läuft es so: Wer sein Kind in eine Kita schickt, zahlt die Tagestarife selbst. Ausser, das (gemeinsame) steuerbare Einkommen der Familie liegt unter 105’745 Franken. Je tiefer dieses gemeinsame steuerbare Einkommen, desto höher ist der Anteil, den die Stadt an der Kinderbetreuung übernimmt.
Dieses Modell wurde 2014 per Verordnung festgelegt. Damals ging Winterthur von «Normkosten» von 107 Franken pro Kita-Platz und Tag aus. Maximal subventioniert werden davon 92 Franken. Geändert wurden die Zahlen bisher nie. Dabei betrug alleine die Teuerung in diesem Zeitraum über sieben Prozent.
Logisch, verlangen heute alle Kitas mehr als 107 Franken. «In der Stadt Zürich liegt der kostendeckende Betrag für einen Betreuungsplatz und Tag bei 135 Franken», sagt Stadtparlamentarierin Regula Keller (SP). Sie wollte deshalb herausfinden, ob Winterthur 107 Franken heute noch als kostendeckend betrachtet. Eine schriftliche Anfrage, die Ende August beantwortet wurde, fiel aber auf wenig fruchtbaren Boden. Die angefragten Kennzahlen seien nicht repräsentativ für die finanzielle Situation der einzelnen Kita-Standorte, hiess es seitens der Verwaltung. «Die Arbeit hätte man sich sparen können», findet Keller. Sie werde mit einem weiteren Vorstoss eine Präzisierung verlangen.
Der Wunsch der Kitas: Die Berechnungsgrundlage soll angepasst und der maximale Subventionsbeitrag erhöht werden. Das findet auch Andrea Henning. Die Leiterin der Kita am Park in Hegi hatte den Brief an den Stadtrat gemeinsam mit vier weiteren Kitaleitungen aus Winterthur verfasst. Ihre Argumentation: Eine Erhöhung der Subventionen würde zumindest die einkommensschwachen Familien nicht noch stärker belasten, wenn die Kitas ihrerseits die Tarife nach oben anpassten. Selbstzahlende jedoch hätten das Nachsehen: für sie würde die Kita teurer.
Die Kita-Leiterin befindet sich in einer Zwickmühle. Schon heute habe sie Probleme, wegen der tiefen Löhne Personal zu finden. Wenn sie jedoch ihre Tarife erhöhe, sei sie gegenüber anderen Winterthurer Betreuungseinrichtungen nicht mehr konkurrenzfähig. Abgesehen davon seien Kitas für die Eltern schon jetzt zu teuer, findet Andrea Henning. «Eine Tariferhöhung ist weder fair noch sinnvoll.» Die beste Lösung für sie wäre eine Änderung des Subventionsmodells hin zu einer direkten Förderung der Kitas.
Aus der Antwort des Stadtrats von Ende August zeichnet sich allerdings ab: Weder am Subventionsmodell noch am Maximalbeitrag will er etwas ändern. Bereits jetzt würden mehr als die Hälfte aller in Winterthur betreuten Kinder subventioniert. Damit, so der Stadtrat in seinem Antwortschreiben, sei auch ein höherer Bedarf an Kita-Plätzen gesichert. Und bei der Finanzierungsstruktur sieht er den Kanton in der Pflicht.
«Die Stadt schiebt es auf den Kanton und der Kanton auf die Stadt.»
Andrea Henning, Kitaleiterin Kita am Park
«Der Kanton Zürich ist einer der wenigen Kantone, der sich nicht an den Kosten der vorschulischen Kinderbetreuung beteiligt», heisst es im Schreiben des Stadtrats. Tatsächlich sind die Nachbarkantone spendierfreudiger: Schaffhausen zahlt Kitas einen Direktbeitrag zwischen zwei und sechs Franken je nach Betreuungsangebot pro Platz und Tag. Thurgau gibt an Familien Betreuungsgutscheine aus, die sie bei privaten Kitas einlösen können, der Kanton trägt die Hälfte der Kosten. Und in Zug hat der Kantonsrat Anfang 2025 beschlossen, zwischen 25 und 35 Prozent der Betreuungskosten zu übernehmen. Einkommenshöhe? Egal. Hauptsache, die Eltern arbeiten. Nur der Kanton Aargau bittet noch alleine die Gemeinden zur Kasse.
Andrea Henning kann mit dem Föderalismus-Geplänkel nicht viel anfangen: «Die Stadt schiebt es auf den Kanton und der Kanton auf die Stadt». Tatsächlich hält der Kanton Zürich die Gemeinden für verantwortlich, wie Bildungsdirektorin Silvia Steiner (Mitte) im März dieses Jahres verlauten liess. Aufgrund mehrerer Vorstösse aus dem Kantonsparlament arbeitete die Bildungsdirektion zwar einen Gesetzesentwurf aus, der vorsieht, dass sich die Gemeinden zu mindestens 40 Prozent an den Kosten der familienergänzenden Betreuung beteiligen sollen. Der Kanton seinerseits «könnte» bis zu 15 Prozent dieser Mindestbeteiligung übernehmen. Der Regierungsrat selbst empfiehlt dem Kantonsrat den Entwurf zur Ablehnung.
Wie die meisten Journalist:innen in Winterthur studierte auch Tizian an der ZHAW. Anders als die meisten aber begann er in der Kommunikation, bevor ihn der Journalismus rief. Nach fünf Jahren bei Zuriga startete Tizian bei der Andelfinger Zeitung in den Lokaljournalismus.
Doch bereits nach zweieinhalb Jahren zog es ihn weiter. Allerdings nicht, weil er die Passion für die journalistische Paradedisziplin verloren hatte, im Gegenteil. Als Mitgründer und Chefredakteur von WNTI, macht er jetzt das, was "Winti Chinde" am besten können – über ihre Stadt erzählen.