«Humor zu produzieren ist Knochenarbeit»
Winterthur beheimatet auffallend viele begnadete Zeichner:innen. Einer der bekanntesten ist Felix Schaad aus Oberseen, der gerade sein neues Buch «einfach Schaad» veröffentlicht. Für den Tagesanzeiger zeichnet der 64-Jährige seit 1999 Karikaturen – Es ist die dritte und letzte Sammlung von Schaads Tagi-Werken vor seiner Pensionierung.
Felix Schaad, du bist Sohn und Enkel von Zeichnern. Wann wurde klar, dass du diesen Weg ebenfalls einschlagen wirst?
Felix Schaad: Das war überhaupt nicht klar und auch nie so geplant. Obwohl ich immer dachte, dass zeichnen eigentlich das Einzige ist, was ich kann. Die hohen Ansprüche an diese Kunstform in der Familie haben mich gestresst. Eigentlich wäre ich gerne Illustrator geworden, aber diese Ausbildung gab es damals noch nicht. Ich wurde Grafiker und machte Werbung.
Wie bist du bei den Karikaturen gelandet?
Mit 30 Jahren fing ich an, nebenher Comics zu zeichnen, verfolgte aber keine grossen Ziele damit. Diese Freiheit und Lockerheit haben sicher dazu beigetragen, dass sich alles so ergeben hat. Eltern und Grosseltern hatten kein Verständnis für Comics. Es gab daher aber auch keine Vorstellungen und Massstäbe ihrerseits…
Du hast also in dieser Familientradition deine eigene Nische gefunden?
Genau. Mit Claude Jaermann zusammen habe ich dann den Igor Comicstreifen gemacht, den an Zeitungen verschickt und nach etwa einem Jahr meldete sich der Nebelspalter. Für dessen Leserschaft war es der erste Comic überhaupt. Mit der Serie über die Familie Zwicky ging dann 1993 die Post ab. Sie war unser Sprungbrett.
Kurt Zwicky ist der spätere Abwart im bekannten EVA-Comic, der während 16 Jahren täglich im Tagi erschien.
Da ich schon vorher für Zeitschriften gearbeitet hatte, war mir das Produzieren unter Zeitdruck schon bekannt. Für den K-Tipp machte ich auch noch lange Cartoons, die Vorschläge faxte ich in die Redaktion. Waren die nicht auf Anhieb begeistert, wurde es schwierig, ihnen die Idee zu verkaufen. Also fing ich an, immer zwei, drei Vorschläge zu schicken. Einen fanden sie immer gut. Das half mir später beim Tagi, dem ich auch jeweils mehr als einen Vorschlag lieferte. Ausser ich hatte DIE Idee, von der ich wusste, dass sie funktionieren würde.
- Noch nie dagewesene Wassertiefstände (2022). (Bild: Felix Schaad) 
- Albert Rösti gibt den Wolf zum Abschuss frei (2023). (Bild: Felix Schaad) 
Wie bist du denn beim Tagi gelandet?
Sie suchten präventiv einen Nachfolger für «Nico», den damaligen Karikaturisten. Ich kam ja vom Comic her, wurde aber direkt für zwei Tage die Woche angestellt. Meine erste Karikatur war Sepp Blatter für irgendein Fifa-Thema. Ich hatte so Angst, dass man ihn nicht erkennen würde, dass ich ihn von hinten zeichnete und anschrieb. Ab 2001 arbeitete ich als freischaffender Künstler für das gleiche Haus mit dem EVA-Comic. Nach sechs Jahren war Nico dann definitiv weg und ich bekam eine Vollanstellung. Ich war der einzige festangestellte Karikaturist der Schweiz.
Wie sieht ein Arbeitstag bei dir aus?
Ich bekomme den Auftrag, zu einem bestimmten Zeitungsartikel eine Zeichnung zu liefern, auf der Frontseite oder im Blatt. Das kann ein lässiges Thema sein, oder auch nicht (lacht). Die Karikatur muss beim ersten Mal funktionieren, wenn ich sie zeige. Muss ich sie erklären, taugt sie nichts. Manchmal habe ich eine schwache Idee und muss die so umsetzen, dass niemand merkt, dass sie mal schwach war. Die Angst, es nicht zu bringen, geht nie weg.
«Humor zu produzieren ist Knochenarbeit.»
Felix Schaad, Karikaturist
Eine Menge Druck. Hilft es nicht, zu wissen, dass es schon zig mal funktioniert hat?
Nein. Wenn ich nach den Ferien wieder anfange, denke ich jedes Mal: Ui, kann ich das überhaupt noch? Man meint, nach so vielen Jahren müsse das doch immer schneller gehen. Das Gegenteil ist der Fall. Immer neue Ideen haben zu müssen, ist ermüdend. Bei EVA musste ich irgendwann aufhören. Aber ich funktioniere tendenziell gut unter Druck. Es ist, wie wenn du in den Kühlschrank schaust und aus den vorhandenen Zutaten etwas kochen musst. Dann setzt die Routine ein. Ich strebe an, dass es hingeworfen aussieht. Was es nie ist.
- Zeitgleich mit Viola Amherds F-35-Prestigeprojekt kommt der Film «Top Gun – Maverick» in die Kinos (2022). (Bild: Felix Schaad) 
- Fussballoverkill (2022). (Bild: Felix Schaad) 
Bist du privat auch so lustig und schlagfertig wie auf Papier?
Ich habe sicher den Hang dazu, im Leben vieles mit Humor wegzustecken und den Witz einer Situation zu erkennen. Diese Voraussetzung braucht es. Das heisst aber nicht, dass ich ständig Ideen habe. Vielfach habe ich keine. Dann sitze ich vor dem weissen Blatt und fange an zu denken. Humor zu produzieren ist Knochenarbeit und eigentlich nicht sehr lustig. Eine Karikatur sollte nach drei bis vier Sekunden eingeschlagen haben.
- Die Schweiz zeigt grosses Mitgefühl mit den aus der Ukraine Geflüchteten (2022). (Bild: Felix Schaad) 
- LGBTQIA* (2021). (Bild: Felix Schaad) 
Welche Personen hast du am häufigsten gezeichnet?
Wohl Christoph Blocher, Roger Federer und Donald Trump. Anfangs machte ich beim Tagi Sportkarikaturen.
Du machst auch Menschen hässig, oder?
Ich glaube eher selten. Wichtig ist mir, Lacher zu bewirken. Ich beobachte und zeige eine Perspektive auf. So à la: Hast du es schon mal von der Seite geschaut? Aber es gibt einschliessendes und ausschliessendes Lachen. Ich strebe ersteres an.
Zum Schluss: Wie sähe deine Karikatur von Winti aus?
Der Wintileu, der irgendwo «hinbrünzlet», damit es endlich einen See gibt.
Jonglieren kann Maria eigentlich nicht. Wir finden aber schon. Denn sie schreibt für WNTI, organisiert den Alltag ihrer drei Söhne und musiziert. Ihre ersten journalistischen Erfahrungen machte sie beim Mamablog des Tages-Anzeigers und als freie Texterin. Heute findet sie ihre Geschichten in all den Menschen, die sie in den 20 Jahren, in denen sie in der Stadt wohnt, kennen und schätzen gelernt hat.