Ici c’est Winti: Wie sicher sind die Winterthurer Museen?

Der spektakuläre Louvre-Raub hat Staub aufgewirbelt. Doch während man sich auf den Polizeiposten der «Grande Nation» noch immer den Kopf zerbricht, bleiben die Direktor:innen der Winterthurer Museen gelassen. Dabei gäbe es auch in Winterthur einige Kostbarkeiten zu holen.

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Das Reinhart am Stadtgarten beherbergt einige Gemälde von immensem Wert. (Bild: Georg Aerni) (Bild: Georg Aerni)

Klar, historisch bedingt gibt es keine Schweizer Kronjuwelen. Und auch wenn – die wären wohl kaum in Winterthur ausgestellt. Was es in hiesigen Villen und Museen aber schon immer zu begutachten gab, ist Kunst. Die Sammlung des Kunstmuseums Winterthur enthält Werke von Künstlern wie Van Gogh, Monet und Picasso. Namen, bei denen die Nullen am inneren Auge vorbeitanzen. Genaue Zahlen kann und möchte Direktor Konrad Bitterli aber nicht nennen. «Die Versicherungswerte einzelner Werke liegen aber im hohen Millionenbereich».

«Im Kunstmuseum Winterthur würde sich ein Raub nicht lohnen»

Konrad Bitterli, Direktor Kunstmuseum Winterthur

Ein Vergleich: Claude Monets Werk «Nymphéas blancs et jaunes», das sich in der Sammlung des Kunstmuseum Winterthur befindet, ist Teil einer Serie. «Le bassin aux nymphéas», das ebenfalls Teil dieser Serie ist, wurde 2023 in New York für 74 Millionen Dollar versteigert. Laut Bitterli gebe zwischen dem Raub im Louvre und der Situation in Winterthur bedeutende Unterschiede. Während aus Juwelen die Edelsteine abgebrochen, neu geschliffen und abgesetzt werden könnten, sei es dank internationalen Datenbanken praktisch unmöglich, ein gestohlenes Gemälde zu verkaufen. «Insofern würde sich ein Raub im Kunstmuseum Winterthur gar nicht lohnen», sagt Bitterli.

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Claude Monet: Nymphéas blancs et jaunes, um 1915 – 1917 Kunst Museum Winterthur, Schenkung des Galerievereins, 1952 (Bild: SIK-ISEA, Zürich, Martin Stollenwer) (Bild: Foto: SIK-ISEA (Martin Stollenwerk))

Wie aber ist das Kunstmuseum Winterthur darauf vorbereitet, sollte ein wagemutiger Dieb trotzdem versuchen, sich einen Monet oder Van Gogh unter den Nagel zu reissen? Bewegliche Laserschranken und automatische Fallgitter? Die Realität ist banaler. Der Louvre-Raub habe so wohl nur passieren können, weil die Ausstellungsstücke trotz laufender Umbauarbeiten ausgestellt waren. «Das ist für mich ein Fragezeichen», sagt Bitterli. Während des Umbaus der Standorte Villa Flora und Reinhart am Stadtgarten waren die Winterthurer Museen geschlossen gewesen.

Selbstverständlich ist das Kunstmuseum dennoch auf den Fall der Fälle vorbereitet. Die Ausstellungsstücke und die Gebäude seien durch Sicherheitssysteme auf dem höchsten Stand der Technik gesichert. Wie diese genau aussehen, möchte Bitterli nicht sagen. «Die beste Sicherheitsmassnahme ist, diese nicht zu kommunizieren.»

«Es gibt keine hundertprozentige Sicherheit»

Susanna Kumschick, Direktorin Uhrenmueseum Winterthur

Ähnlich vage bleibt die Direktorin des Uhrenmuseums Winterthur, Susanna Kumschick. Sie sagt: «Wir haben umgesetzt, was für ein Museum wie unseres Sinn macht» und betont, dass es wichtig sei, dass das Team geschult sei. Ohne das Klischee des schlafenden Sicherheitswächters hätte wohl noch mancher Hollywood-Streifen nicht funktioniert. Denn dass noch nie ein Ausstellungsstück entwendet wurde, sei neben den technischen Vorkehrungen der Aufmerksamkeit des Personals zu verdanken – wie zum Beispiel vor einbem Jahr. «Die Mitarbeiterin beim Empfang hat zwei verdächtige Personen beobachtet, die sich vermutlich nach den Kameras umgeschaut und die Vitrinen inspiziert haben», sagt Kumschick. Die Mitarbeiterin habe die beiden dann gebeten, das Museum zu verlassen.

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    «Gold-Emailuhr mit Automat und Musikwerk «Theater», Genf, um 1805.» (Bild: Michael Lio) (Bild: Michael Lio)

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    «Revolutions-Taschenuhr, Frankreich, um 1793/95» (Bild: Michael Lio) (Bild: Michael Lio)

Das Uhrenmuseum beheimatet bekannte Kostbarkeiten wie historische Taschenuhren  von Breguet oder Patek Phillipes und antike Uhren aus Wertmetallen. Da der Wert von Antiquitäten stark schwanke, sei er schwer zu beziffern, sagt Kumschick. Trotzdem muss man keine Genfer Uhrenmacher:in sein, um sich eine Vorstellung zu haben, was Sammler:innen für ein solches Stück hinblättern würden. Getragene Patek Phillipe-Uhren verkaufen sich regelmässig für tausende Franken. Zudem enthält die Sammlung des Uhrenmuseums Objekte von historischer Wert. «Die Uhren aus der Französischen Revolution zum Beispiel», sagt Kumschick. «Die haben die europäische Zeitrechnung geändert». Trotz des Vorfalles vor einem Jahr schläft die Direktorin ruhig. Das Museum sei gut abgesichert. Ein Alarm würde direkt an die Polizei weitergeleitet werden. «Und die ist ja quasi um die Ecke.» Ein Restrisiko bestehe aber immer. So dreiste Überfälle wie auf den Louvre zeigten auf, dass man das eigene Sicherheitskonzept lieber einmal mehr überprüfen sollte, sagt Kumschick. «Es gibt keine hundertprozentige Sicherheit.»

Neben Kunst und Uhren gibt es noch etwas Weiteres, das bei hypothetischen Dieben Dollarzeichen in den Augen funkeln lässt – Bargeld. Von dem gibt es im Münzkabinett der Stadt Winterthur einiges zu sehen. Und der Wert der dort ausgestellten antiken Münzen überschreitet ihren eingeprägten Nennwert oft um ein Vielfaches. Hier sind keine Schätzungen oder Vergleiche nötig. Auf Anfrage teilt die Stadt mit, dass sich der Gesamtwert der Sammlung auf rund 58,5 Millionen Franken belaufe. Sie sei somit das wertvollste Kulturgut im Eigentum der Stadt.

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Wertvoller als das Material aus dem sie gemacht sind, ist die Geschichte, die sie erzählen. (Bild: Münzkabinett Winterthur)

Wenn es um die konkreten Sicherheitsmassnahmen geht, mit denen hellhörig gewordene Langfinger bei einem Einbruchsversuch rechnen müssen, hält sich die Stadt aber ähnlich bedeckt wie die beiden Museen. «Wir sprechen aus Sicherheitsgründen nicht über Details.» Die Schutzmassnahmen entsprächen aber selbstverständlich den gängigen Standards. Potenzielle Diebe dürften es schwer haben. Ein Indiz dafür ist die A-Objekt-Klassifizierung des Münzkabinetts im Kulturgüterschutzinventar des Bundes. Denn solche seien vor «Auswirkungen von bewaffneten Konflikten, Naturereignissen und anderen Gefahren» vorrangig zu schützen.

Sollten demnächst zwei französischsprechende, in Leuchtwesten gekleidete Gesellen in der Stadt auftauchen, hätten sie es also nicht einfach.

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Seba studiert in Winti Journalismus, weiss wie man ein Bier zapft, verbringt seine Wochenenden gerne auf der Schützi und kennt in Winti allerhand spannende Figuren. Seba ist ein Urwinterthurer, aufgewachsen ist er in Veltheim. Nur eines fehlt ihm für den Winti-Ritterschlag: Geboren ist er im Triemli in Zürich.

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