Die Tössemer Dorfet lebt wieder auf
Das Quartier Tössfeld gehört genaugenommen gar nicht zu Töss. Trotzdem findet am Wochenende die Tössemer Dorfet dort statt. Nach schwierigen Jahren für das Quartierfest wagen die Tössemer:innen dort einen Neuanfang. Ein Augenschein vor Ort zeigt, dass die Zeichen auf Erfolg stehen.
Am Mittwochnachmittag hämmert und lärmt es um das Schulhaus Tössfeld. Ich wähne mich kurz am Albanifest, denn vor dem Schulhauseingang steht eine riesige Autoscooter-Anlage! Gabriele Toppan und Bettina Rauch vom OK sind besonders stolz, dass dieses Jahr wieder Schausteller an der Tössemer Dorfet dabei sind. «Das hat einfach jahrelang gefehlt», erzählt Toppan. «Das neue Konzept hat voll eingeschlagen, denn vorher hatte die Tössemer Dorfet bei den Schaustellern einen schlechten Ruf.» Paul Odermatt betreibt die Bahn «Superlooping» an der Dorfet. «Ich war an der Infoveranstaltung und da haben alle gejubelt. Deshalb habe ich dann gleich noch einen Kollegen mit einem Autoscooter organisiert», berichtet Odermatt. Und Gabriele Toppan ergänzt lachend: «Der Autoscooter passt zentimetergenau auf den Schulhausplatz. Die Fahnenstangen mussten wir dafür auch abmontieren.» Das OK hofft, dass die Dorfet durch die Schausteller wieder attraktiver wird. 2024 musste das Fest einmal aussetzen, in den Jahren davor hatten immer weniger Vereine überhaupt teilgenommen. «Wir machen so ein Fest ja nicht für uns, sondern für die Vereine. Und die müssen auch wollen.» Offensichtlich wollen sie wieder, ein Blick auf die Karte des Festgeländes zeigt, dass ein attraktiver Mix an Spiel, Spass, Unterhaltung und Festwirtschaft entstanden ist.
«Zum neuen Ort habe ich eine zwiegespaltene Meinung. Tössfeld ist eigentlich nicht Töss, trotz der Postleitzahl.»
György Farkas, Präsident Verein Narrensiegel
György Farkas ist Präsident des Fasnachtvereins Narrensiegel und ist «mindestens» seit 1989 mit dem Verein an der Tössemer Dorfet dabei. Der Verein betreibt am Wochenende das VIP-Festzelt und hofft, dass damit auch die Vereinskasse wieder ein wenig gefüllt werden kann. Er freut sich, dass nach der Pause 2024 nun wieder eine Dorfet kommt. Er erzählt, dass die Quartierchilbi früher viel grösser gewesen sei: «Heute finden alle zu wenig Helfende. Dadurch ist die Dorfet immer mehr geschrumpft.» Auf die neue Ausgabe im Tössfeld schaut er gespannt : «Zum neuen Ort habe ich eine zwiegespaltene Meinung. Tössfeld ist eigentlich nicht Töss, trotz der Postleitzahl. Aber das OK erhofft sich, dass eine neue Zielgruppe an die Dorfet kommt.»
Zu dieser Zielgruppe gehört beispielsweise der Quartierverein Tössfeld-Brühlberg. «Wir sind zum ersten Mal dabei», erklärt Präsidentin Regula Blöchliger. Privat seien sie zwar immer an die Tössemer Dorfet gegangen, aber ansonsten seien ihre beiden Quartiere eher stadtorientiert. An ihrem Stand werden sie Kinderschminken und Schokokusswerfen anbieten und ein bisschen für sich werben: «Es gibt viele neue Leute beispielsweise in der Lokstadt oder vom Dialogplatz und die wissen noch nichts vom Quartierverein». Mit der Planung des Anlasses ist Regula Blöchliger sehr zufrieden: «Wir wurden gut informiert und das OK ist sehr engagiert. Ich kann mir vorstellen, dass sich die Dorfet gut etablieren wird am neuen Ort.»
Laut OK bietet der neue Standort nicht nur einen Neuanfang, sondern auch mehr Schatten, mehr Platz und ist kompakter als vorher. Vom alten Standort bei der reformierten Kirche Töss ist das Schulhaus Tössfeld nur 350 Meter entfernt. Und sowieso sei das Ganze halb so wild: «Der TV Töss hat die Fusion mit dem TV Tössfeld damals ja auch überlebt», scherzt Gabriele Toppan. Beim OK ist die Vorfreude trotz stressigem Aufbau riesengross. «Insgeheim schauen wir schon, was wir für eine nächste Ausgabe lernen können», sagt Toppan. Aber man warte jetzt mal ab, wie es am Wochenende läuft, auch finanziell. Ein Grossteil des Vereinsvermögens habe man nämlich in ein attraktives Bühnenprogramm gesteckt, beispielsweise tritt am Samstag der Kinderliedermacher Andrew Bond auf. Eigentlich könne man nun nichts mehr falsch machen, meint Toppan, denn: «Wenn es schlecht geht, hatten wir wenigstens noch ein tolles Fest».
Gioia ist nicht nur in der Redaktion bei WNTI tätig, sondern arbeitet auch als Videoredaktorin bei SRF News. Winterthur kennt sie bestens, denn sie verbrachte hier ihre Gymnasialzeit. Ausserdem ist es gut möglich, dass sie mehr über dein Haus weiss als du selbst, denn schon bei der Historiker:innen Zeitschrift schrieb sie über die faszinierenden Geschichten, die in den Mauern und Fassaden der Städte verborgen sind. Ihre Leidenschaft für die früheren Lebenswelten der Winterthurer:innen ist ebenso ausgeprägt wie ihre Neugier auf die Lebensrealitäten anderer Menschen.