Die Frackwoche feiert 100-Jahr- Jubiläum
Ab heute wird auf dem Technikum wieder Bier gezapft. Nicht aber irgendein beliebiges, sondern das extra und nach eigener Rezeptur gebraute Jubiläumsbier. Denn heute feiert eine Winterthurer Tradition Geburtstag - Vor 100 Jahren fand die erste Frackwoche statt.
Ursprünglich war die Frackwoche ein Emanzipationsritual. Denn 1925 war es noch möglich, nach dem Abschluss der Sekundarschule ins Technikum einzutreten, weshalb die Studierenden mit 19 Jahren abschlossen. Nach erfolgreicher Diplomarbeit zelebrierten die Absolventen mit Frack, Zylinder, Stock und Bart symbolisch den Übergang aus der Jugend ins Erwachsenenleben.
Der 2. Weltkrieg unterbrach die Tradition, die Frackwoche fand erst nach dessen Ende wieder statt. Doch die Zeiten hatten sich geändert. Der emanzipatorische Charakter der Tradition trat in den Hintergrund und die Frackwoche wandelte sich zum symbolischen Spass-Event. So verbarrikadierten die Studierenden ab den 50er-Jahren während der Frackwoche die Lesungszimmer und reglementierten den Bartwuchs in einem «Bartvertrag». Auch die «Frackmobile», die von den verschiedenen Studiengängen selbstgebauten Fahrzeuge, die während dem Frackumzug am Ende des Semesters durch die Stadt fahren, entstanden in dieser Zeit. Heute organisiert ein Verein die Frackwoche, es stehen vor allem die Festivitäten im Vordergrund. Trotzdem haben diese Traditionen Bestand, wenn auch teils in veränderter Form.
Der Startschuss für die Frackwoche fällt jeweils bereits Wochen zuvor. Und zwar mit der letzten Rasur, die beim «Fischmeitlibrunne» in der Steinberggasse stattfindet. Danach «müssen die Bärte hundert Tage lang spriessen», wie auf der Website zu lesen ist.
«Heute haben wir im Bartvertrag eine Genetik-Klausel», sagt Nico Gasser, Vorstandsmitglied des Vereins Frackwoche. Für Menschen, die sich keinen Bart stehen lassen können oder möchten, gibt es kreative Alternativen. «In meiner Klasse müssen Bartlose auf dem Gelände der ZHAW eine alte SBB-Kappe oder eine Leuchtweste mit sich tragen», sagt Nico. Andere Studiengänge haben andere Bart-Alternativen. Immer beliebt seien Hüte, Schals oder farbige Strähnen im Haar. Die Details halten die verschiedenen Studiengänge in einem Bartvertrag. Für diesen hat der Verein zusammen mit der Diversitätsstelle der ZHAW einen Leitfaden ausgearbeitet. «Wir wollen die Frackwoche zugänglicher und inklusiver für alle gestalten.», sagt Nico. Die Teilnahme sei freiwillig und schwankt zwischen den verschiedenen Studiengängen. In Nicos Klasse haben 17 von 19 Studierenden den Vertrag unterschrieben. Bei anderen Studiengängen sei die Quote aber bei weitem nicht so hoch. Bei der Aviatik sind es nur 10 von 58 Studierenden und im Studiengang Data Science gar nur eine einzige Person.
«Wenn niemand die Tradition vorlebt, fehlt auch die Motivation mitzumachen»
Nico Gasser, Vorstandsmitglied Verein Frackwoche
Ein Grund dafür sieht Nico darin, dass während Corona die Kontinuität verloren ging. Denn die Frackwoche wird ausschliesslich von Absolvent:innen organisiert. Und während der Pandemie wurde sie einmal abgesagt. Einerseits sei da viel Know-How verloren gegangen und andererseits «fehlt auch die Motivation mitzumachen, wenn niemand die Tradition vorlebt.» Ein weiterer Grund dafür sei auch die Art, wie der Verein die Frackwoche finanziert. Studierende, die an der Tradition teilhaben möchten, müssen Mitglieder des Vereins werden und sich mit einem Beitrag von 250 Franken an den Kosten beteiligen. Das ist für Studierende viel Geld. «Aber wir fangen jedes Jahr bei null an», sagt Nico. Deshalb sei man auf eine «Gutschrift» der Vereinsmitglieder angewiesen. Diese werde aber nach der Frackwoche wieder zurückbezahlt. Sofern die Einnahmen der Festwirtschaft die Organisationskosten decken. «Das ist aber so gut wie immer der Fall», sagt Nico.
In der Regel starten die Festivitäten auf dem Technikum am Mittwoch. Doch zum 100-Jahr-Jubiläum fällt der Startschuss bereits heute. Neben dem Bierzelt, in dem das extra dafür gebraute Jubiläumsbier ausgeschenkt wird, gibt es ein Rahmenprogramm. Neben dem traditionellen Technobunker und weiteren Partys veranstaltet der Verein eine stadtweite Schnitzeljagd, ein Pubquiz und ein Bobby Car-Rennen. Zum Schluss bleibt nur noch eine Frage zu klären – Wieso kommt das Bier zum Jubiläum einer Winterthurer Tradition aus Schaffhausen? Nebst den wirtschaftlichen Argumenten gibt es auch noch ein gutes. Die Brauerei Falken habe ihnen angeboten, ein exklusives Jubiläumsbier, nach der Rezeptur eines Vereinsmitglieds zu brauen und in Dosen abzufüllen. «Und das ist halt schon geil.»
Seba studiert in Winti Journalismus, weiss wie man ein Bier zapft, verbringt seine Wochenenden gerne auf der Schützi und kennt in Winti allerhand spannende Figuren. Seba ist ein Urwinterthurer, aufgewachsen ist er in Veltheim. Nur eines fehlt ihm für den Winti-Ritterschlag: Geboren ist er im Triemli in Zürich.