«Danis legendärer Caipistand» – Caipirinha aus Überzeugung

Dani und sein «Caipi» sind seit über 20 Jahren ein Fixpunkt an der Seemer Dorfet. Daniel Helbling erzählt, was es für einen «legendären» Caipirinha braucht und weshalb es Stand ohne seine Familie nicht mehr geben würde.

Dani & Gang
Nie ohne sein Team – Dani (rechts) wird tatkräftig unterstützt.(Bild: Sebastian Galli)

Ich wohne in Seen. Dort fand dieses Wochenende die alljährliche «Dorfet» statt. Drei Tage lang wurde ich auf meinem Heimweg von den ungeraden Rhythmen aus dem Zelt des «Balcan Club» und dem Geruch von Pommes und Wurst begrüsst. Ich mag den Rummel. Doch – diese Aussage mag auf Empörung stossen ‒ Dorffeste sind für mich austauschbar. 

Schiessbuden, Büchsenwerfen, Turnverein – es sind die immergleichen Schausteller:innen und Stände, die für diesen Rummel sorgen. In Seen allerdings versteckt sich zwischen all den üblichen Ständen ein lokales Unikat, für das es sich lohnt in den 2er-Bus zu steigen. An «Danis legendärer Caipistand» schenkt Daniel Helbling seit über zwanzig Jahren den vielleicht besten Caipirinha der Stadt aus. Und das zum Dumpingpreis – aus Überzeugung.

Danis Caipi Banner
Danis Caipi – seit über 20 Jahren ein Highlight der Seemer Dorfet (Bild: Sebastian Galli).

«Danis legendärer Caipistand» befindet sich gegenüber des Zelts der Tibetergemeinschaft Rikon. Nicht wenige seiner Gäste kombinieren ihren Caipirinha deshalb mit einer Schale Momos – spontane Fusion Cuisine mitten in der Dorfromantik. 

Bevor er seinen eigenen Stand an der Seemer Dorfet hatte, mixte Dani seine Caipirinhas für den Stand der SP Seen. Damals trug sein Caipirinha noch nicht das Prädikat «legendär», sondern lediglich «der Beste». Das mag wie ein bescheidener Werbeslogan klingen, doch der Absatz spreche für sich. Beim ersten Mal habe er etwa 80 Stück verkauft. Ein Jahr darauf seien es bereits doppelt so viele gewesen. Den Stand der SP Seen gibt es inzwischen nicht mehr – sie hätten keine Leute mehr gefunden, die ihn organisieren wollten. Das wäre beinahe auch das Ende von Danis Caipirinhas an der Seemer Dorfet gewesen. «Alleine wollte ich eigentlich keinen Stand schmeissen.» In seinem Umfeld sei die Enttäuschung gross gewesen – vor allem beim Freund seiner Tochter. «Er hat zu mir gesagt: ‘Dani, eine Dorfet ohne deine Caipis geht nicht, ich helfe dir’». Zusammen mit Danis Kindern gründeten sie deshalb einen Verein. Der Name? «Interessengemeinschaft zur Rettung von Danis Caipi».

«Dani, eine Dorfet ohne deine Caipis geht nicht»

Freund von Danis Tochter

Seither betreibt Dani den Stand zusammen mit seinen Kindern und deren Partner:innen. Alleine könne er das auch nicht mehr stemmen. Denn inzwischen würden sie an einem Wochenende über 1000 Drinks verkaufen. Es sei das anstrengendste Wochenende des Jahres. Von der Nacht auf Freitag auf Samstag sei er erst um 04 Uhr ins Bett gekommen, sagt Dani. Um 7.30 Uhr klingelte der Wecker – Dani arbeitet auch samstags. «Lohnen tut es sich trotzdem», sagt er und schmunzelt. Diese Meinung scheinen seine zahlreichen Stammgäste zu teilen. Während am Sonntagabend andere bereits beginnen, die Festbänke zusammenzuklappen und das Geschirr in Kisten zu versorgen, sind bei Dani noch alles Plätze besetzt. Die meisten kämen jeden Tag mehrmals vorbei, sagt er. Zwei sogar aus Frauenfeld. «Ich weiss nicht, ob sie noch Familie haben hier oder nicht», sagt Dani. «Aber ich weiss, dass sie jedes Jahr hier sitzen und einen Caipi trinken.» Über all die Jahre hätten seine Caipirinhas nur wenigen nicht geschmeckt. «Wenn sich jemand beklagte, dann nur, weil es zu süss sei.»

«Danis legendärer Caipistand» befindet sich gegenüber des Zelts der Tibetergemeinschaft Rikon. Nicht wenige seiner Gäste kombinieren ihren Caipirinha deshalb mit einer Schale Momos – spontane Fusion Cuisine mitten in der Dorfromantik. 

Egal wie viel Zucker im Drink ist – Wie süss ein Caipi sei, habe man eigentlich selbst in der Hand. «Es gibt nämlich einen Trick», sagt Dani. Rohrzucker löse sich sehr langsam auf. Das heisst, er sammelt sich am Boden des Glases. Wer den Caipi weniger süss möchte, sollte also nicht rühren, da der Zucker sonst schneller zergehe. Dani gibt aber zu: «Ich mag es halt ein bisschen süsser.» Das Geheimnis zum perfekten Drink liege allerdings in den Limetten. Diese müssten immer frisch geschnitten sein. Vorgeschnittene würden schnell bitter werden. «Das kannst du nicht trinken», sagt Dani.

«Ich mag es halt ein bisschen süsser»

Dani Helbling

Dani verkauft seine Caipis dieses Jahr für zwölf Franken. Zwei mehr als bis anhin – die erste Preiserhöhung seit langem. Einerseits wollten immer mehr Leute mit Twint bezahlen, das heisst, es fallen mehr Gebühren an. Andererseits müsse er neu das Eis kaufen. Zuvor konnte er es über die Eismaschine seines Arbeitsangebers produzieren. Es gibt aber noch einen weiteren Grund. Die anderen Stände hätten sich beklagt – Danis Caipi sei zu billig. «Ich denke nicht, dass wir ihnen viele Kunden wegnehmen», meint Dani dazu. Bei ihm kämen vor allem seine Stammgäste, die würden also nirgendwo sonst fehlen.

An seinem Stand geht es ohnehin ruhiger zu als man bei diesen Preisen vermuten würde. Auf seinen Bänken sitzen alte Ehepaare und Familien. Seit einigen Jahren bietet Dani auch eine alkoholfreie «Virgin» Version seines Signature-Drinks an – Ginger-Ale statt Cachaça. Er kostet gleich viel wie ein «normaler». «Ausser für Kinder, die kriegen ihn für die Hälfte», sagt Dani. 

WNTI-Portrait-Sebastian-Galli

Seba studiert in Winti Journalismus, weiss wie man ein Bier zapft, verbringt seine Wochenenden gerne auf der Schützi und kennt in Winti allerhand spannende Figuren. Seba ist ein Urwinterthurer, aufgewachsen ist er in Veltheim. Nur eines fehlt ihm für den Winti-Ritterschlag: Geboren ist er im Triemli in Zürich.

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