Dämpfer für den Autobahntunnel in Töss und den Bahnhofsausbau Grüze

Nach der verlorenen Abstimmung zum Autobahnausbau vor einem Jahr machte das Bundesamt für Verkehr einen Marschhalt. Es liess anstehende Infrastrukturprojekte durch die ETH priorisieren. Nun stuft der Bericht diverse Ausbauten rund um Winterthur zurück.

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Erkennen Sie Töss? Kein Wunder: Die A1 ist nur noch am Südportal des Ebnettunnels (unten in der Skizze) zu sehen. Fehlt er, wird nichts aus der Quartierentwicklung. Die Illustration stammt aus dem Masterplan für die Gebietsentwicklung Winterthur Süd. (Bild: Stadt Winterthur)

Geht es nach Dr. Ulrich A. Weidmann und seinem Team, fahren die Autos auf dem Winterthurer Autobahngürtel noch lange auf den Pannenstreifen. Ein Ausbau auf sechs Spuren sei «mit hohen Risiken verbunden». Das Nachfragewachstum müsse in den kommenden 20 Jahren mit einer Kombination aus Pannenstreifen-Nutzung und Ausbau des Bahnangebots bewältigt werden. So steht es im Bericht des Instituts für Verkehrsplanung und Transportsysteme.

Diesen hatte das Bundesamt für Verkehr (UVEK) in Auftrag gegeben. Einerseits, weil der zuständige Bundesrat Albert Rösti nach der verlorenen Autobahn-Abstimmung im November 2024 einen Marschhalt beschlossen hatte. Andererseits, weil das Geld knapp ist: Das mögliche Investitionsvolumen bei Strasse und Schiene für die kommenden 20 Jahre ist rund dreimal so hoch wie der Betrag, den der Bund investieren will.

Die Reaktion der Stadt kam prompt. Nur Minuten nach der Pressekonferenz des zuständigen Bundesrats Albert Rösti (SVP) erhielt diese Redaktion eine Medienmitteilung des Baudepartements: «Die Verzögerung, wie vom ETH-Bericht empfohlen, bremst die Winterthurer Stadtentwicklung empfindlich aus», heisst es dort. Im kantonalen Richtplan ist eine Verlegung der A1 bei Töss in den Berg geplant. Diese Variante, derzeit mit dem Preisschild von knapp einer Milliarde Franken, würde im Stadtteil grosse Flächen freimachen und Lärmemissionen beseitigen. Sogar eine Renaturierung der Töss wäre denkbar. Kurz: Die ganze Entwicklung des Stadtteils hängt davon ab, ob und wann die Autos durch den Ebnettunnel fahren. Im ETH-Bericht erhielt der Ausbau nun die Prioritätsstufe zwei «mässig, aber später wahrscheinlich hoch» ‒ und auch das erst nach 2045. Ob damit das Tunnelprojekt oder andere Varianten gemeint sind, ist ebenfalls unklar.

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Der heutige Bahnhof Grüze mit der Leonie-Moser-Brücke. Auf der Linie Frauenfeld: Der von der ETH mit «generell tiefer Priorität auf absehbare Zeit» versehene, geplante Haltestelle «Grüze Nord». (Bild: Stadt Winterthur)

Noch härter trifft es den Bau des Bahnhofs «Grüze Nord», eine zusätzliche Station auf der Linie Frauenfeld ‒ Winterthur. Er erhält die unterste Stufe sechs oder «generell tiefe Priorität auf absehbare Zeit». Dabei wäre er eine wichtige Ergänzung zur Leonie-Moser-Brücke, die aktuell halbfertig über den Gleisen schwebt. Sie könnte künftig nämlich nicht nur den jetzigen, sondern auch den neuen Bahnhof per Bus erschliessen. «Die Brücke kann ihre volle Funktionalität ohne Grüze Nord nicht leisten», heisst es dazu seitens des Stadtrats. Und das in Neuhegi, dem wichtigsten Entwicklungsgebiet der Stadt. Man hoffe, die tiefe Priorisierung sei lediglich dem Umstand geschuldet, dass von Seiten SBB noch keine Planung für den Bahnhof vorliege.

Die Zentrumserschliessung Neuhegi-Grüze wird bedarfsmässig zwar als «hoch» bewertet, erhält aber trotzdem nur eine vier. Daran hat der Stadtrat jedoch nichts auszusetzen. Er hatte das Projekt vor kurzem aus finanziellen Gründen selbst zurückgestellt (WNTI berichtete). Immerhin: Das bereits beschlossene Bahnausbauprojekt «Mehrspur Zürich ‒ Winterthur» bleibt in trockenen Tüchern.

«Wir wollen keine Verzögerungen von Projekten, bevor es nicht konkrete politische Beschlüsse gibt.»

Albert Rösti (SVP)

Wären diese Priorisierungen bereits von der Politik entschiedene Beschlüsse ‒ sie hätten fatale Auswirkungen auf Winterthur. Der Stadtrat «zählt nun auf die Verwaltung und Politik, dennoch die richtigen Schlüsse zu ziehen und die Winterthurer Projekte voranzutreiben». Das Bundesamt für Verkehr (UVEK) will dem Bundesrat im Januar 2026 die Projekte vorschlagen, die bis 2045 umgesetzt und damit weiter in eine Vernehmlassungsvorlage kommen sollen. Jetzt wolle man Stellungnahmen aus den Regionen einholen, sagte Albert Rösti. Im Juni soll die Vorlage «Verkehr ‘45» dann stehen, danach kann das Parlament darüber befinden.

WNTI-Portrait-Tizian-Schoeni

Wie die meisten Journalist:innen in Winterthur studierte auch Tizian an der ZHAW. Anders als die meisten aber begann er in der Kommunikation, bevor ihn der Journalismus rief. Nach fünf Jahren bei Zuriga startete Tizian bei der Andelfinger Zeitung in den Lokaljournalismus.

Doch bereits nach zweieinhalb Jahren zog es ihn weiter. Allerdings nicht, weil er die Passion für die journalistische Paradedisziplin verloren hatte, im Gegenteil. Als Mitgründer und Chefredakteur von WNTI, macht er jetzt das, was "Winti Chinde" am besten können – über ihre Stadt erzählen.

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