Welchen Einfluss hat die kantonale Gymnasialreform auf die Kantonsschule Büelrain?
Die alten «Baracken» wurden abgerissen und durch einen modernen Betonbau ersetzt. Aber nicht nur äusserlich hat sich die Kantonsschule gewandelt, auch der Unterrichtsstoff wurde angepasst. 80 Prozent der Schüler:innen an der KBW belegen das Schwerpunktfach «Wirtschaft und Recht». Nun könnte sich aber auch das ändern.
2023 verabschiedete der Bund die Revision der gymnasialen Maturität. Sie soll die Schweizer Gymnasien fit für die Zukunft machen. Spezifisch soll die Interdisziplinarität gefördert werden. Wie die Revision konkret umgesetzt wird, entscheiden allerdings die Kantone. Um das Ziel der Interdisziplinarität umzusetzen, plant der Kanton Zürich neue Schwerpunktfächer. «Wirtschaft und Recht» soll mit Geschichte und Geografie kombiniert werden und neue als «Politik, Recht und Wirtschaft» bzw. «Nachhaltige Gesellschaft» angeboten werden. Das hat Konsequenzen für die KBW.
Wie die Kantonsschule Büelrain mitteilt, seien die geplanten Änderungen für kleinere Schulen, wie die KBW ein Problem. Die Reform gehe von einem grösseren Gymnasium aus, das viele Schwerpunktfächer anbietet. Das entspreche aber nicht der Winterthurer Realität. Es sei unklar, wie die Einführung der neuen Schwerpunktfächer die Anzahl künftiger Schüler:innen verändern wird. An der KBW schwankt die Anzahl der Schüler:innen schon jetzt deutlich zwischen den Jahrgängen. Ob dies die Zahl an Lehrpersonen, die in Winterthur «Wirtschaft und Recht» unterrichten, beeinflussen wird, sei noch unklar, aber nicht auszuschliessen.
«Wirtschaft und Recht mit Geschichte oder Geografie zu kombinieren, verwässert das Schwerpunktfach»
Kaspar Zellweger, Mitgründer der IG «Pro-WR»
Eine dieser Lehrpersonen ist Kaspar Zellweger. Er wehrt sich mit der von ihm mitgegründeten IG «Pro-WR» gegen die Pläne des Kantons. Für Zellweger erfüllt «Wirtschaft und Recht» schon heute die Forderung nach Interdisziplinarität, da das Fach bereits zwei Wissenschaftsdisziplinen vereine. Die Inhalte des Schwerpunktfachs würden verwässert werden, wenn es mit Geschichte oder Geografie zusammengelegt werde. «Der Anspruch an Interdisziplinarität klingt super», sagt Zellweger. Die Aufgabe der Kantonsschulen sei aber die Grundlagenvermittlung. Die grossen sozioökonomischen Zusammenhänge seien für die Uni. «Das sind Netze, die erst gespannt werden können, wenn die Pflöcke eingeschlagen sind».
Doch würde die Reform zukünftigen Gymnasiast:innen nicht einen gesamtgesellschaftlichen Zugang zu den Themen Wirtschaft und Recht ermöglichen? Nicht, wenn es nach Zellweger geht. Denn wenn ohne die wissenschaftlichen Grundlagen über die grossen Zusammenhänge gesprochen werde, bestehe die Gefahr, in «die ideologische Ecke» abzudriften. «Und das wäre Meinungsvermittlung, keine Bildung.»
Zumindest einige von Kaspar Zellwegers Kolleg:innen scheinen seine Vorbehalte gegenüber der kantonalen Reform zu teilen. Sieben den sechzehn Lehrpersonen für «Wirtschaft und Recht» an der KBW haben den öffentlichen Brief der IG «Pro-WR» unterzeichnet.
Seba studiert in Winti Journalismus, weiss wie man ein Bier zapft, verbringt seine Wochenenden gerne auf der Schützi und kennt in Winti allerhand spannende Figuren. Seba ist ein Urwinterthurer, aufgewachsen ist er in Veltheim. Nur eines fehlt ihm für den Winti-Ritterschlag: Geboren ist er im Triemli in Zürich.