Schulsozialarbeit an Mittelschulen hat sich bewährt.
Wie sagt man doch so schön: kleine Kinder, kleine Sorgen, grosse Kinder, grosse Sorgen. Trotzdem gab es gerade an Gymnasien lange keine Schulsozialarbeit. Das ändert sich nun im Kanton Zürich.
Yvonne Geiger liebt ihren Job. Und er hat sich bereits bewährt. Rund 880 Jugendliche können sich bei ihr melden, um über mentale Gesundheit, Lernstress, Beziehungsdramen, Knatsch zuhause, Suchtprobleme und Ängste zu sprechen. Sie ist Sozialarbeiterin am Gymnasium Büelrain in Winterthur. Das Büeli war an einem Pilotprojekt beteiligt, in dessen Rahmen an acht von den 22 Zürcher Gymnasien eine SSA (Schulsozialarbeiter:in) angestellt wurde. Zwei Millionen Franken kostete das Unterfangen von Sommer 2022 bis Herbst 2025, für welches der Kanton insgesamt 500 Stellenprozente bewilligte.
«Wer sich ein Bein bricht, geht zum Arzt und nicht zum Förster. Wenn ich psychisch belastet bin, brauche ich eine Anlaufstelle.»
Yvonne Geiger, Schulsozialarbeiterin
Die Nachfrage sei gross, erzählt Geiger. Schambehaftet sei der Besuch bei ihr zum Glück nicht – zumindest erlebe sie das so. «Die Schüler:innen sind reif genug, um zu wissen, wie sie sich helfen können. Wenn ich psychisch belastet bin, brauche ich eine Anlaufstelle. Das ist allen klar.» Zudem hätten alle ihre Themen, egal wie hoch der IQ sei, so die 35-Jährige.
Eine Absenz gibt es für den Besuch bei der SSA nicht, aber der Stoff muss nachgearbeitet werden. Für Geiger ist wichtig, dass das Angebot attraktiv und niederschwellig gestaltet ist und den Jugendlichen so weit entgegenkommt, wie nur irgendwie möglich. Im Büelrain läuft die Kommunikation über das Tool «Teams», dort können Schüler:innen mit der Sozialarbeiterin chatten. «Nach Möglichkeit schreibe ich auch abends und an Wochenenden zurück.» Ein Schüler (16) erzählt, er habe das Angebot bereits mehrmals in Anspruch genommen, um über Beziehungsthemen und auch mentale Probleme zu sprechen. «Ich finde das Angebot sehr wichtig, da es viele Jugendliche gibt, die unter hohem Stress leiden und dann in einen ‹Tornado› geraten von Drogen, mentalen und anderen Problemen», sagt er. Die SSA könne zwar nicht alles lösen, aber einen ersten Stein für den langen Weg legen.
Nebst den persönlichen Gesprächen und der direkten Arbeit an der Schule unterstützt die SSA bei grösseren Herausforderungen auch in der Familie und zum Beispiel im Kontakt mit Therapeuten oder dem Kinder- und Jugendzentrum. In der Regel habe sie wenig Kontakt mit Eltern, so Geiger. «In der Mittelschule sind die Schüler:innen von der Entwicklung her mitten im Ablösungsprozess und wollen ihr Leben selber managen.»
Mit der Ausweitung der Schulsozialarbeit ab April 2026 sollen künftig mehr Ressourcen in die Prävention und regelmässige Projekte fliessen können. Wichtige Themen wären laut der Sozialarbeiterin die psychische Gesundheit, Umgang mit Social Media und Rollenbildern, Stressbewältigung, Lernstrategien, Rassismus und Zivilcourage. Gerne würde sie diese tiefer und greifbarer mit den Jugendlichen bearbeiten. «Sie brauchen alltagsnahe Skills. Man muss ihnen nicht mehr sagen, dass sie keine Nacktbilder verschicken sollten, zu viel Screen Time haben und zu wenig schlafen», so die ausgebildete Therapeutin. «Sie wissen es, aber die Umsetzung ist schwierig.» Die ständige Erreichbarkeit löse viel Stress aus. Nebst dem Online-sein gehören auch Suchtthemen, Identitätsfindung und Leistungsdruck zu den Dauerbrennern. Laut der Sozialarbeiterin sind sich die Hilfesuchenden ihrer Probleme in den meisten Fällen bewusst. «Diese Generation ist sehr reflektiert. Die Jungen positionieren sich und stehen für sich ein.»
Es sei aber unbedingt nötig, psychische Gesundheit mehr zu thematisieren, findet Geiger. Ein Worskhop dazu ist ihr nächstes Projekt. Für alle ersten Klassen ist ausserdem im Dezember zum ersten Mal ein Stressworkshop geplant. Die Hilfe zur Selbsthilfe, darauf legt Geiger ihren Fokus. «Ich will mich überflüssig machen», sagt sie. Im Moment ist sie aber noch das Gegenteil. Eine Schülerin, die im zweiten Jahr die HMS am Büeli besucht, meint: «Ich finde es wichtig, dass Kinder und Jugendliche die Option haben, in Sicherheit mit jemandem zu sprechen. Ich würde mir wünschen, dass das Angebot sich auf die weiterführenden Schulen ausweitet.» Das sieht der Kanton offenbar ähnlich.
Jonglieren kann Maria eigentlich nicht. Wir finden aber schon. Denn sie schreibt für WNTI, organisiert den Alltag ihrer drei Söhne und musiziert. Ihre ersten journalistischen Erfahrungen machte sie beim Mamablog des Tages-Anzeigers und als freie Texterin. Heute findet sie ihre Geschichten in all den Menschen, die sie in den 20 Jahren, in denen sie in der Stadt wohnt, kennen und schätzen gelernt hat.