Mit dem Dimensione schliesst mehr als ein Bistro
Es sind wunderbar angenehme 19 Grad, die Sonne tanzt über die Dächer der Altstadt und die Vögel pfeifen ihre ersten Frühjahrsmelodien. Ich sitze vor dem Bistro Dimensione an einem roten Blechtisch und trinke Kaffee. Solange ich noch kann. Denn das Bistro Dimensione schliesst Ende Juni.
«Dafür gibt es mehrere Gründe», sagt Pamela de Simone. Sie hat das Bistro vor zwei Jahren noch vor der Schliessung bewahrt. Der Hauptgrund? Der Trägerverein «Pro Dimension» löst sich auf. Der Verein hat das Bistro bis 2022 noch selbst geführt. Seither sammelt er Spenden von Mitgliedern und gemeinnützigen Organisationen, mit denen das Bistro unterstützt wird. Dank der Spenden des Vereins sei sie nicht im Minus, sagt Pamela. «Mit unseren Preisen wirst du nicht reich.»
Der Trägerverein löse sich auf, da seine Gründer:innen inzwischen über 75 Jahre alt sind. Unter anderen Beat Böckli, er hat das Bistro 2022 an Pamela übergeben. Ihm gehört auch die Liegenschaft, in der das Dimensione eingemietet ist. Pamela hält viel von ihm. Er habe sie stets unterstützt, seit sie das Bistro übernommen hat. «Er ist wie ein Vater und stand uns immer zur Seite». Böckli organisiert noch immer regelmässig Konzerte und andere Kulturveranstaltungen im Dimensione. Die Einnahmen gingen dabei immer ans Bistro.
«Mit unseren Preisen wirst du nicht reich»
Pamela de Simone
Das Dimensione ist aber nicht nur ein Ort für einen gemütlichen Kaffee an der Sonne oder ein Konzert. Es ist ein Integrationsprojekt. «Wir geben Menschen, die sonst keinen Platz finden, einen Tagesstruktur», sagt Pamela. Zu Beginn waren das ausschliesslich Menschen mit psychischen Problemen. Doch sie hat das Konzept seit ihrer Übernahme ausgeweitet. Im Dimensione arbeiten inzwischen auch Geflüchtete, Gehörlose und Demente. Es sind Freiwillige, fest angestellt sind nur sechs Personen. Wie viel eine betroffene Person arbeitet, sei immer auf die Bedürfnisse angepasst. «Wenn du nicht belastbar bist oder Kinder hast, kannst du auch nur 2 Stunden am Tag arbeiten», sagt Pamela. Und dieser individuelle Ansatz scheint zu funktionieren. Von den insgesamt 46 Betroffenen, die in den letzten zweieinhalb Jahren im Dimesione arbeiteten, sind inzwischen 18 wieder in den Arbeitsmarkt eingegliedert.
Umso seltsamer scheint es also, dass die Zahl der Betroffenen, die im Dimensione arbeiten, stetig schrumpfte. Seit Pamela das Bistro 2023 übernommen hat, arbeiteten neben den fest Angestellten im Schnitt etwa 24 Betroffene im Dimensione. Inzwischen sind diese in der Minderheit. «Wir sind keine anerkannte Institution», sagt sie. Einigen Betroffenen sei den Behörden mitgeteilt worden, dass ihnen deshalb die IV Rente gekürzt werden könne. Um eine anerkannte Institution zu werden, müsste das Dimensione eine Fachperson einstellen. «Es ist finanziell nicht möglich, einen Arbeitsagogen anzustellen. Ich kann mir selbst nicht jeden Monat einen Lohn zahlen», sagt Pamela. Sie habe Lösungen gesucht, eine pensionierte Fachperson zum Beispiel. «Leider hat sich nichts ergeben.»
«Wir geben Menschen, die sonst keinen Platz finden, eine Tagesstruktur»
Pamela de Simone
Aus diesen Gründen hat sich Pamela dazu entschlossen, die Dimensione nicht weiterzuführen. Und obwohl der momentane Mietvertrag noch bis Ende Jahr laufe, ist bereits Ende Juni Schluss. «Ich will die Leute nicht vor Weihnachten entlassen, dann ist es sowieso schon kalt und dunkel.» So hätten sie noch den Sommer, um sich zu erholen. Bis dahin sucht Pamela mit ihnen nach Anschlussmöglichkeiten. Sie habe ein gutes Netzwerk und werde sicher einige unterbringen können. Und Pamela selbst? «Das sehen wir dann. Zuerst mein Team, dann ich.» Dass das Bistro Dimensione schliesse, sei nicht traurig, sagt Pamela. «Wir haben Menschen geholfen.» Und das sei, was zählt.
Will man Seba treffen, so geht man am besten in den Widder, dort ist die Chance gross, ihn hinter dem Tresen zu finden.
Seba studiert in Winti Journalismus, lebt seine Leidenschaft für Sport mit flinken Fingern beim Tickern für 20 Minuten aus und kennt in Winti allerhand spannende Figuren. Seba ist ein Urwinterthurer, in Veltheim aufgewachsen und jetzt in Seen, nur eines hat er nicht geschafft für den Winti-Ritterschlag: Geboren ist er im Triemli in Zürich.