Herausfordernde Zukunft für den Güterschuppen Töss

Am Bahnhof Töss fährt in beide Richtungen alle halbe Stunde ein Thurbo-Zug. Das wird sich aber bald ändern. Die SBB wollen den Bahnhof in den nächsten Jahren ausbauen und Töss erhält unter anderem ein zweites Gleis. Mittendrin steht der Güterschuppen, das ursprüngliche Bahnhofsgebäude von 1876. Heute wird es vom Verein «GZ Bahnhof Töss» betrieben und vermietet. Dem Gebäude stehen grosse Veränderungen bevor.

IMG_7556
Der Güterschuppen am Bahnhof Töss ist sanierungsbedürftig. (Bild: Gioia Jöhri)

Für Töss hat der Güterschuppen eine grosse Bedeutung: Er dient als Quartierzentrum. Die «Schuppenbar» findet wöchentlich statt, Kerzenziehen im November, Public Viewings im Sommer und Lesungen mit dem Verein «Kulturstreuer» sind nur einige aufgeschaltete Events. Seit Jahren ist klar, dass die Stadt den Güterschuppen sanieren will. Das hätte bereits ab Sommer 2025 passieren sollen. So war es lange seitens der Sozialen Stadtentwicklung kommuniziert. Dann bekam Elisabeth Handschin, die sich im Vorstand des Trägervereins «GZ Bahnhof Töss» engagiert, ein Telefon: «Dieses kam völlig unerwartet, kurz vor dem Mittag und ohne für uns ganz nachvollziehbare Argumente bezüglich Verschiebung». Die Stadt teilte dem Vorstand mit, dass der Start der Sanierung auf April 2026 verschoben werde.

Bild Vorstand
Der Vorstand des Trägervereins mit Elisabeth Handschin ganz links. Ein fünftes Mitglied ist nicht auf dem Bild. (Bild: GZ Bahnhof Töss)

Für den Trägerverein war das eine Hiobsbotschaft. Denn: «Die Saison 2026 ist nun gelaufen. Ab April bis Ende Jahr wird gebaut. Und von Januar bis März 2026 vermieten wir kaum, da der Güterschuppen nicht beheizt ist», sagt Elisabeth Handschin. Ausserdem habe man den ganzen Betrieb auf den Start der Bauarbeiten ab Sommer 2025 ausgerichtet. «Wir haben ab Juli 2025 alles annulliert», erzählt Handschin. Zum Glück seien die Betreiber der Schuppenbar und der Kulturveranstaltungen flexibel: «Sie haben kurzfristig umgestellt und ihr Angebot aufrechterhalten». Die wegfallenden Einnahmen kompensiere das aber nicht: «Finanziell sind wir von den privaten Vermietungen abhängig. Wir haben nun im 2025 wieder einige Vermietungen, aber weniger als sonst.»

«Finanziell sind wir von den privaten Vermietungen abhängig. Wir haben nun im 2025 wieder einige Vermietungen, aber weniger als sonst.»

Elisabeth Handschin, Vorstand GZ Bahnhof Töss
Schuppebar
Die Schuppenbar am Dienstagabend. (Bild: Andrea Tiziani)

Bei der Stadt versteht man die Schwierigkeiten. Die Abteilung Soziale Stadtentwicklung schreibt auf Anfrage, dass sich das Bauprojekt Güterschuppen verzögert habe, weil man auf «expliziten Wunsch des Trägervereins GZ Bahnhof Töss» die Rampe für den behindertengerechten Zugang in den Bauplänen von der Vorder- auf die Gebäuderückseite verlegen wollte. Dies, um den Platz vor dem Güterschuppen für Veranstaltungen freizuhalten. Das angepasste Baugesuch habe dann zu einer formellen Einsprache der Behindertenkonferenz Zürich geführt, was das Projekt verzögerte.

güterrschuppen historisch
Der Güterschuppen als ehemaliges Bahnhofgebäude um 1900. (Bild: Sammlung Winterthur)

Der Trägerverein wünschte sich nach der Kommunikation der Verschiebung auf April 2026 eine weitere Verschiebung um ein Jahr oder auf Herbst 2026, sodass wenigstens Sommerevents wie Public Viewings auch 2026 hätten stattfinden können. Aus zwingenden Gründen könne die Stadt aber nicht auf das Anliegen eintreten, schreibt die Abteilung Soziale Stadtentwicklung: Die Sanierungen von Quartieranlagen sei eng terminiert und eine Verschiebung würde auch das bereits gesprochene Budget gefährden. Auch könne man die Fassade nur in den warmen Monaten sanieren. «Solche kurzfristigen Verzögerungen sind für die Betreibenden und die Nutzenden nicht einfach zu tragen», ist sich die Stadt aber bewusst und bietet deshalb Hand. Es stehe ein zusätzlicher Raum im Bahnhof zur Verfügung und die Leistungsvereinbarung im Umfang von 11’000 Franken bleibe auch während der Sanierung bestehen.

IMG_7547
Dieser Platz muss für Veranstaltungen frei bleiben. (Bild: Gioia Jöhri)

Ein kleiner Trost für Elisabeth Handschin. Die Räumlichkeiten im Bahnhof Töss seien viel kleiner als der Güterschuppen. Trotzdem werde man wohl darauf ausweichen. «Es geht darum, dass die Veranstaltungen auch während der Sanierung des Güterschuppens nicht vergessen gehen», sagt sie. Sie sieht herausfordernde Zeiten auf den Trägerverein zukommen, auch mit dem Ausbau des Bahnhofs Töss. Die SBB hat nach Einsprachen zwar zugesichert, dass der Platz vor dem Güterschuppen an den Wochenenden während der zehnjährigen Bauzeit für Veranstaltungen zugänglich sein werde. Aber schon jetzt sei es schwierig, den Platz freizuhalten: «Er wird immer wieder verstellt, von Material der Gleisarbeiten oder Autos, die da parkieren». Flexibilität und Anpassungsfähigkeit sind weiterhin gefordert. Damit der Güterschuppen Töss ein lebendiges Quartierzentrum bleiben kann.

WNTI-Portrait-Gioia-Joehri

Gioia ist nicht nur in der Redaktion bei WNTI tätig, sondern arbeitet auch als Videoredaktorin bei SRF News. Winterthur kennt sie bestens, denn sie verbrachte hier ihre Gymnasialzeit. Ausserdem ist es gut möglich, dass sie mehr über dein Haus weiss als du selbst, denn schon bei der Historiker:innen Zeitschrift schrieb sie über die faszinierenden Geschichten, die in den Mauern und Fassaden der Städte verborgen sind. Ihre Leidenschaft für die früheren Lebenswelten der Winterthurer:innen ist ebenso ausgeprägt wie ihre Neugier auf die Lebensrealitäten anderer Menschen.

Das könnte dich auch interessieren

IMG_7805

Der Ruf der Pilze

Im Oktober haben einige Medien vermeldet, dass immer mehr junge Menschen durch die Wälder streunen und auf Pilzjagd gehen. Der Tagi schrieb, dass Teenager die Rentner als Pilzsucher in Winterthur abgelöst hätten. Und im SRF-Regionaljournal Zürich-Schaffhausen hiess es: Pilzboom durch Influencer. Die Jungen seien aber nicht informiert und räumten den Wald leer, beschwerten sich alteingesessene Pilzer:innen. Ich begab mich auf Spurensuche in den Wäldern von Winterthur.

Von Gioia Jöhri

Kommentare