«Dings» - Nino Widmer bringt Lido Feeling an die Töss

Um sich an heissen Sommertagen abzukühlen, gibt es in Winterthur neben den Freibädern noch zwei andere Möglichkeiten. Wem ein Sprung in einen der zahlreichen Brunnen der Stadt zu gewagt ist, findet sich meist auf einer Kiesbank an der Töss wieder. Ein kaltes Getränk gehört da genau so dazu wie ein knisterndes «Fürli» und Sonnencreme. Doch genau da liegt das Problem - Getränke haben die mühselige Eigenschaft, warm zu werden. Und Kühlschränke gibt es in einem Naherholungsgebiet bekanntlich auch nicht. Dieses Problem hat Nino Widmer mit seiner fahrbaren Bar «Dings» gelöst.

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Zapfhan auf Rädern, Nino Widmer bringt das Dolce Vita an die Töss (Bild: Sebastian Galli)

Eigentlich träumte Nino von einer Bar an einem Sandstrand in der Toscana. Das sei aber ein bisschen weit weg und «da ist die Töss halt das next best thing», sagt Nino. Ganz losgelassen hat ihn die Vorstellung aber scheinbar nicht. Denn mit den blau-weiss gestreiften Sonnenschirmen und den gleichfarbigen Liegstühlen, liegt trotz Ausblick auf Bahnbrücke definitiv ein wenig  «Lido Feeling» in der Luft. Seit fünf Jahren steht Nino mit seinem «Dings» von Mai bis September auf dem Parkplatz bei der Reitplatzstrasse.

Begonnen habe es als klassische Bieridee - nach einem Nachmittag an der Töss. «Wenn du an die Töss gehst, stellst du dein Bier ins lauwarme Wasser», sagt Nino, «und nach einer halben Stunde ist dein Bier auch lauwarm.» Das sei halt «gar nicht so geil». Wer sein Bier aber kalt präferiert, habe drei Möglichkeiten gehabt: Zur Tankstelle fahren, ins Restaurant beim Reitplatz einkehren, oder wieder in die Stadt zu gehen. «Und wie cool wäre es, sich direkt am Fluss ein kühles Getränk holen zu können?»

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Das «Dings» war früher mal ein Pferdeanhänger (Bild: Dings Drinks) (Bild: Enzo Lopardo)

Ursprünglich wollte Nino seinen Plan mit einem Piaggio Ape umsetzen. Der hätte zwar gut in die Lido Atmosphäre gepasst, stellte sich aber als zu klein heraus. «Also habe ich auf tutti.ch einfach den ersten Anhänger gekauft, den ich gefunden habe», sagt Nino und schmunzelt. Die Form dieses Anhängers, der heute das «Dings» ist, verrät seinen angestammten Verwendungszweck. Es ist ein alter Pferdeanhänger - Jahrgang 1984.

«Das dementsprechend auch nach 40 Jahren Pferd und Geiss gestunken», sagt Nino. Ganze fünf Runden mit dem Hochdruckreiniger seien nötig gewesen. «Der Gestank hat sich in mein Hirn eingebrannt». Neben einem neuen Anstrich hat Nino seinem «Dings» auch noch weitere Upgrades verpasst. Die vier Solarzellen auf dem Dach versorgen den Kühlschrank, Musikanlage und die Pumpe des Zapfhahns mit Strom. «Der Wagen ist komplett autark.»

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Sie Liegestühle dürften eigentlich gar nicht hier stehen, werden von der Stadt aber toleriert. (Bild: Sebastian Galli)

Die Sonnenschirme und Liegestühle hatte er am Anfang noch nicht. Er habe mit einem leeren Parkplatz und zwei morschen Holzbänken auf der Böschung begonnen - also «ohne nüt». Und eigentlich dürften die Liegestühle, auf denen es sich Ninos Gäste bequem gemacht haben, auch gar nicht da stehen. Das «Dings» ist als «Take-away Konzept» gemeldet. «Ich bewege mich in einer Grauzone.» Bis jetzt habe er aber keine Beschwerde bekommen. Sein «Lido» wird toleriert. Wohl, weil seine Gäste würden sich benehmen würden und er kein Littering produziere, sagt Nino. «Und schlussendlich macht das Dings die Stadt auch attraktiver.»

Nino kennt seine Gäste, die meisten beim Namen. Dass er sich alle diese Gesichter merken kann, liege an seiner Ausbildung. Nino absolvierte seine Lehre im Mitgliederclub «Club zur Geduld», der einst von Oskar Reinhart gegründet wurde. «Ich musste alle 450 Mitglieder  auswendig kennen», sagt Nino. «Namen, Allergien, Lieblingscocktail… Das ganze Programm.» Irgendwann habe er aber genug gehabt von der Sterngastronomie. «Ich wollte nicht mehr den Kellner spielen», sagt Nino. Mit seinem «Dings» könne er bei der Arbeit auch sich selbst sein und voll hinter seinen Produkten stehen.

«Wenn es Menschen und Wasser hat, fehlen nur noch ein paar Liegestühle und eine Bar.»

Nino Widmer, Inhaber von «Dings Drinks»

«Das Dings ist eine One-Man-Show», entsprechend tief seien die Betriebskosten. Reich würde er damit allerdings nicht. Das sei auch der Grund, weshalb er nicht mehr jedes Wochenende «da unten» sei. Wenn Nino und sein Anhänger nicht an der Töss stehen, dann ist er für einen Event gebucht - das sei sein Hauptverdienst. «Auch wenn ich an der Töss inzwischen mehr mache als noch vor ein paar Jahren, die Rechnungen zahlt es nicht», sagt Nino. Dafür sei der Umsatz zu wetterabhängig. Zudem lohne es sich ohnehin nur am Wochenende das «Dings» aufzumachen. Trotzdem will Nino mindestens zweimal die Woche seine Bar am Strand der «Tösscana» öffnen. «Denn wenn es Menschen und Wasser hat, fehlen nur noch ein paar Liegestühle und eine Bar.»

WNTI-Portrait-Sebastian-Galli

Seba studiert in Winti Journalismus, weiss wie man ein Bier zapft, verbringt seine Wochenenden gerne auf der Schützi und kennt in Winti allerhand spannende Figuren. Seba ist ein Urwinterthurer, aufgewachsen ist er in Veltheim. Nur eines fehlt ihm für den Winti-Ritterschlag: Geboren ist er im Triemli in Zürich.

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