Nicht jeder Goldhändler glänzt
Der Goldpreis ist auf einem Allzeithoch – doch wer sein Altgold heute loswerden will, sollte sich zumindest gut überlegen, wo.
«Da machen Sie sich nur lächerlich», sagte Frank Zozert, als ich vorgestern früh bei ihm anrief. Eine Berichterstattung hält er offenbar weder für angebracht noch nötig. Und das, obwohl er letzte Woche im SRF einen prominenten Auftritt hatte. In einem Restaurant, mitten in Winterthur, hatte er zwei Undercover-Journalist:innen ein unanständig tiefes Angebot für den von ihnen angebotenen Goldschmuck gemacht. Knapp 12’500 Franken waren die zusammengetragenen Ketten, Armbänder und Ringe laut eines seriösen Händlers wert – abzüglich seiner eigenen Marge. Zozerd bot den verdeckten SRF-Leuten 8000 Franken.
Per se strafbar ist solches Verhalten nicht. Erst einmal handelt es sich um ein normales Kaufangebot, auf das die Kund:in eintreten kann oder nicht. Erst, wenn eine Zwangslage, die Unerfahrenheit oder die Schwäche im Urteilsvermögen einer Person ausgebeutet wird, wäre der Tatbestand des Wuchers laut Strafgesetzbuch erfüllt.
Als sich die Journalist:innen gegenüber Zozerd später erkenntlich zeigten, kam es zu Tätlichkeiten. Und zu einer offenen Drohung: «Wenn eine Reportage kommt, dann geht es los. Was, wirst du dann sehen», liess der Goldhändler die SRF-Redaktion wissen.
Gegenüber WNTI sagte Zozerd in einem kurzen Telefonat, bei den 8000 Franken habe es sich nun mal um den Wert gehandelt, den er als Käufer bereit war, anzubieten. Weshalb er als vermeintlicher Profi das Feingewicht des Goldes falsch berechnet hatte oder den klar erkennbaren «Stempel» auf einer Goldkette übersah, der Auskunft über den Reinheitsgehalt gegeben hätte, beantwortete Zozerd weder dem SRF noch mir.
Die Familie Zozerd hat in Wil (SG) gleich mehrere Firmen, die Antiquitäten, Uhren und Juwelen ankaufen. Sie heissen «watch and jewelry Winter Zozerd», «Leonardo Zozerd Trading Watch & Gold» oder eben «Gold-Chästli F. Zozerd». Und das schon seit geraumer Zeit. Das St. Galler Tagblatt berichtete 2015 von einer Firma «M.T.F. Zozerd» aus Wil. Auf die telefonische Anfrage des Journalisten, welchen Goldpreis sie anbieten könne, wollte ein Vertreter des Unternehmens keine Auskunft erteilen. Genauso beim SRF im Februar: Das auf dem Flyer gedruckte Versprechen, «25 bis 30 Prozent über dem Tageskurs» oder «bis zu 90 Franken» pro Gramm zu zahlen, verfehlte Zozerd mit seinem Angebot in Winterthur bei weitem.
Die Werbung von fliegenden Goldhändlern landet immer mal wieder in Winterthurer Briefkästen. Geschädigt werden leichtgläubige Verkäufer, aber auch Vermieterinnen, die den Händlern ihre Räumlichkeiten zur Verfügung stellen. So auch die Geschäftsführerin des Restaurants. «Er hat einen Raum gemietet wie alle anderen», sagt sie auf Anfrage. Die Rechnung dafür sei zwar pünktlich bezahlt worden. Dass Zozerd dort mit seiner Firma Edelmetalle zu Dumpingpreisen anzukaufen versuchte, habe sie nicht gewusst. «Es tut mir leid für alle, die betrogen wurden.»
Eigentümerin des Restaurants ist die Stadt Winterthur. Diese schliesse eine solche Nutzung in ihren Pachtverträgen nicht aus, wie das Departement Finanzen auf Anfrage mitteilt.
Vor fliegenden Händlern rät nicht nur das SRF ab. Auch die Edelmetallkontrolle des Bundesamts für Zoll und Grenzsicherheit empfiehlt, Verkäufer:innen sollten Fachgeschäfte «mit eigenem Ladenlokal und langjährigem, gutem Ruf» bevorzugen.
Geschäfte – zumindest solche mit einem eigenen Ladenlokal – gibt es in Winterthur gleich mehrere. Doch zwischen ihnen liegen Welten. kaufengold.ch an der Obergasse zum Beispiel ist noch keine zwei Jahre alt. Bei der Firma handelt es sich um eine von mittlerweile 35 Zweigstellen eines Westschweizer Unternehmens, was die Sache aber nicht vertrauenswürdiger macht. Von den paar Google-Rezensionen sind die meisten gekauft.
Ein Winterthurer Kunde berichtet gegenüber WNTI, ihm seien für ein Goldvreneli vor Ort 93 Franken geboten worden. Dabei handelt es sich bei der Münze um ein auf das tausendstel Gramm genormtes Mass, diverse Banken geben ihre Ankaufspreise online bekannt. Sie lagen zum Zeitpunkt des Verkaufs bei 400 bis 450 Franken. Bei einem späteren Anruf hiess es von Seiten des Händlers, es habe sich um einen Zahlendreher gehalten: 390 Franken seien gemeint gewesen.
Andere Unternehmen sind lange vor Ort und bestehen den kurzen Rezensionen-Check einwandfrei. Die Edelmetallkontrolle empfiehlt, sich vor einem Altgoldverkauf vorzubereiten: Verkäufer:innen sollten sich vorgängig über den aktuellen Preis informieren und stets mehrere Offerten einholen.
Frank Zozerd beendete unser Telefonat mit der Begründung, er habe gerade Kundschaft bei sich. Ich hätte ihnen die Tipps gerne mitgegeben.
Wie die meisten Journalist:innen in Winterthur studierte auch Tizian an der ZHAW. Anders als die meisten aber begann er in der Kommunikation, bevor ihn der Journalismus rief. Nach fünf Jahren bei Zuriga startete Tizian bei der Andelfinger Zeitung in den Lokaljournalismus.
Doch bereits nach zweieinhalb Jahren zog es ihn weiter. Allerdings nicht, weil er die Passion für die journalistische Paradedisziplin verloren hatte, im Gegenteil. Als Mitgründer und Chefredakteur von WNTI, macht er jetzt das, was "Winti Chinde" am besten können – über ihre Stadt erzählen.