Hal Lo Dri? Ho Li Di!

Kraftorte von Martin Frischknecht

WT Kraftort Holidi

Es ist ein sonniger Tag im Vorfrühling, da zieht es mich über Mittag aus der Innenstadt. Schliesslich streife ich durch den Stadtwald auf dem Goldenberg. Wie schön, dass Winterthur über derart ausgedehnte Waldflächen verfügt! Zudem geht dieser Wald elegant über ins baumbestandene Areal des Friedhofs Rosenberg.

Einen Zaun zwischen Wald und Friedhof gibt es natürlich schon, doch auch das Reich der Toten steht Besuchern Tag und Nacht offen. Ich trete durch eines der Gittertore und finde mich vor langen Wänden mit Urnengräbern wieder. Einige sind belegt, andere scheinen leer zu sein.

Bevor ich darüber ins Sinnieren gerate, treffe ich unverhofft auf einen alten Bekannten. «Ja, hallo, wir sind uns lange nicht unter die Augen gekommen. Doch sag mal, wie siehst du denn aus?». Der schlacksige Holzmann liegt zwischen dem Kiesweg und einer Tanne. Sein kantiges Gesicht ist unverkennbar wie je, der Blick in die Ferne gerichtet. Wie noch vor zehn Jahren, als er unter dem Namen «Holidi» unter den Platanen im Graben ruhte und Kinder wie Erwachsene erfreute.

Doch Holidis Arme und Beine sind arg schrundig geworden. Auf seinen Zehen liegen dicke Polster von Moos. Dort, wo sein freiliegendes Gemächt einst Anstoss erregte, spriessen nun Büschel von Gras. Der Holzmann bietet ein Bild des Friedens und des Zerfalls. Er ist drauf und dran, zur Unkenntlichkeit zu zerfallen.

Gut so! Das fand selbst der Künstler, der ihn erschaffen hatte. Als eine Gruppe von Bürgern Unterschriften sammelte, um «ihren» Holidi am alten Ort zu renovieren, sprach sich Werner Ignaz Jans dafür aus, die Skulptur aufzugeben. 

Nun aber packt mich die Nostalgie: Wie gerne sähe ich den Holzmann mitten in der Stadt vor unser aller Augen das Zeitliche segnen: Memento mori – bedenke, dass du sterben wirst! 

Kommentare