Ein Sneak Peak in die Jungkunst

Am Pre-Opening der diesjährigen Jungkunst gibt Bastian Riesen einen Einblick in den Kurationsprozess und erklärt, weshalb er nicht alle Werke sieht, bevor sie ausgestellt werden.

20251021_jungkunst_fassade
Die Jungkunst eröffnet wieder ihre Türen. (Bild: Sebastian Galli)

Wer sich nicht mit Kultur auskennt, fällt am Pre-Opening der Jungkunst in der Halle 710 in Hegi nicht auf. Denn hier überlappen sich dieses Jahr einmal mehr verschiedene Welten. Die Jungkunst richte sich an ein breites Winterthurer Publikum und an die Kunstszene, sagt Kurator Bastian Riesen. Dieser Spagat sei aber nicht immer einfach. «Zeitgenössische Kunst ist eine Bubble, die unzugänglich sein kann», sagt Riesen. Es sei die Aufgabe der Jungkunst, sie an ein breites Publikum zu vermitteln. Trotzdem gäbe es bei der Auswahl der Werke keine Kompromisse. Die Jungkunst solle ein Ort sein, an dem sich Menschen mit Kunst befassen, der sie sonst nicht begegneten.

20251021_jungkunst_bastian_riesen-2
Bastian Riesen ist Teil des Kurationsteam der Jungkunst (Bild: Sebastian Galli)

Aus mehr als 400 Bewerbungen haben Riesen und das Kurationsteam 24 Werke und Performances ausgewählt. Dabei sei eine gewisse Ernsthaftigkeit in der Schaffensweise der Künstler:innen wichtig gewesen. «Die Ausstellungsstücke sollen eine persönliche und nuancierte Sichtweise auf ein Thema zum Ausdruck bringen», sagt Riesen. Das zweite wichtige Auswahlkriterium ist banaler. Die Kunst müsse eine Wirkung haben, die in der Halle funktioniert. Da die Ausstellung nicht in einem «White Cube», also in einem komplett weissen Raum, stattfinde, seien die Künstler:innen gezwungen, sich mit dem Raum auseinanderzusetzen. «Es sei schwierig anhand eines Fotos in einem Portfolio zu beurteilen, ob ein Werk in der ehemaligen Sulzer-Lagerhalle funktioniert», sagt Riesen.

«Die Ausstellungsstücke sollen eine persönliche und nuancierte Sichtweise auf ein Thema zum Ausdruck bringen»

Bastian Riesen, Kurator Jungkunst

Gerade bei Performances sei eine gewisse Präsenz unabdingbar. Aus diesem Grund treffen Riesen und sein Team aus allen Bewerbungen eine Vorauswahl. Bei diesen Künstler:innen gehen sie auf Studiovisite – um in einem intimen Setting ein Gefühl für die Kunst und die Haltung ihrer Schöpfer:innen zu bekommen. Solche Studiovisiten finden nicht immer in einem tatsächlichen Studio statt. «Manchmal ist es aber auch ein Zoomcall, oder ein WG-Zimmer», sagt Riesen.

20251021_jungkunst_tina_janiashvili-2
Ein Highlight der diesjährigen Ausstellung sind die Bilder und Reliefs der Baslerin Tina Janiashvili (Bild: Sebastian Galli)

Etwa die Hälfte der ausgestellten Werke waren bei der Selektion bereits fertiggestellt. Es würden aber auch Kunstwerke ausgestellt, die Riesen und das Kurationsteam so noch nicht gesehen haben. Beispielsweise die Reliefs und Malereien der Baslerin Tina Janiashvili, die «die gewohnte Begrenzung durch die zweidimensionale Fläche sprengen». Sie habe Riesen bei der Studiovisite nicht in ihrer finalen Form gesehen. «Wir gehen mit viel Vertrauen an diesen Prozess», sagt der Kurator. Es käme aber auch vor, dass die Differenzen zwischen der Vorstellungen der Künstler:innen und dem Kurationsteam zu gross seien. Einen Namen möchte Riesen nicht nennen, aber dieses Jahr hätte man sich mit einem Künstler nicht einigen können, welches seiner Werke ausgestellt werde. Das führte dazu, dass dieser Künstler nun nicht Teil der Jungkunst ist. «Es muss immer für beide Seiten stimmen», sagt Riesen.

«Wenn wir das ausfallende Sponsoring nicht auffangen können, wird’s schwierig»

Lea Schepers, Medienverantwortliche Jungkunst

Nicht mehr gestimmt hat es offenbar für die ehemalige Hauptsponsorin der Jungkunst, die UBS. Sie hat sich dieses Jahr als «Presenting Partner» zurückgezogen. Sie unterstützt die Jungkunst zwar noch als normale Sponsorin, mit dem Rückzug entfielen aber 13’000 Franken, sagt Lea Schepers, Medienverantwortliche der Jungkunst. Das sind fünf Prozent des Gesamtbudgets. Damit ereilt die Jungkunst ein ähnliches Schicksal wie die Winterthurer Kurzfilmtage. Am Montag schrieb der Tagesanzeiger, dass dort die ZKB als Hauptsponsorin aussteigt. Dieser Entscheid könnte existenzielle Folgen für das Filmfestival haben.

Ob der Rückzug der UBS bei der Jungkunst ähnliche Konsequenzen habe, müsse sich noch zeigen, sagt Schepers. Die Jungkunst generiert die Hälfte aller Einnahmen durch die Ausstellung – also Eintritte, Gastronomie und Kunstverkäufe. Das ausfallende Sponsoring müsse aber trotzdem irgendwie aufgefangen werden. Noch ist unklar, wie. So misslich die Situation auch sein mag, Schepers sieht darin auch die Chance, in Zukunft nicht mehr von einem einzigen Hauptsponsor abhängig zu sein.

Die Jungkunst findet dieses Jahr vom 23. - 26. Oktober in der Halle 710 in Hegi statt.

WNTI-Portrait-Sebastian-Galli

Seba studiert in Winti Journalismus, weiss wie man ein Bier zapft, verbringt seine Wochenenden gerne auf der Schützi und kennt in Winti allerhand spannende Figuren. Seba ist ein Urwinterthurer, aufgewachsen ist er in Veltheim. Nur eines fehlt ihm für den Winti-Ritterschlag: Geboren ist er im Triemli in Zürich.

Das könnte dich auch interessieren

Kommentare