Badebrunnen erhält Finanzierung aus Quartierprojekt
Ein neues Badhaus in der Altstadt fiel ins Wasser, die Idee eines Baggersees für Winterthur ging baden. Aber jetzt gibt es Hoffnung für die Wasserratten: Mit etwas Glück und dem guten Willen aller Beteiligten könnte in Oberwinterthur schon bald ein designierter Badebrunnen stehen.
Ja, richtig gehört. Denn das Projekt «Brunnen+» hat einen Wettbewerb des Amts für Stadtentwicklung gewonnen. Vorgeschlagen wurde die Idee vom Kollektiv «Brunnen+», einem Zusammenschluss aus ehemaligen Architektur-Student:innen der ZHAW und Winterthurer Brunnenheizer:innen eines anderen, bekannten Projekts.
«Brunnen gehn Winterthur» heizt mit einem Holzofen und einem velobetriebenen Pumpsystem seit dem Winter 22/23 Quartierbrunnen auf. So kreieren die Freiwilligen jeweils für einen Abend ein besonderes Badeerlebnis. Jetzt denken sie grösser. «Unser Vorbild sind die ‹bagni popolari› in Baden», sagt Brunnenheizer Pascal Rubli. Dort stehen seit 2021 zwei warme Thermalbrunnen an der Limmat. Initiiert wurden sie von einem Verein, der die Bauten anschliessend der Stadt schenkte, diese sorge nun für den Unterhalt.
Eine Thermalquelle gibt es in Winterthur zwar nicht, dafür aber eine Kehrichtverbrennungsanlage. Deren bisher ungenutzte Restwärme könnte für einen warmen Brunnen verwendet werden. Die 18’000 Franken möchten Rubli und seine Mitinitiant:innen für eine solide Planung verwenden. Standort, Rechtsform, Bedürfnisse der Badegäste und viele raumplanerische Ansprüche wollen abgeklärt werden. Der «Match» mit der ZHAW sei dafür ideal, sagt Rubli. Begleitend werden die Initiant:innen 2026 mit einem mobilen Brunnen verschiedene Standorte testen.
Der «Brunnen+» hatte in der stadtweiten, öffentlichen Abstimmung 187 Voten erhalten. Publikumsliebling wurde aber ein Projekt der Sek Wallrüti. Mit 245 Stimmen ist die Umgestaltung des alten Pausenplatzes so gut wie kein anderes Vorhaben bei der Bevölkerung angekommen. Sechs Hochbeete zum Gärtnern für die Schülerinnen und Quartierbewohner, Hochstamm-Obstbäume und weitere Bepflanzung sollen den von Asphalt dominierten Pausenplatz aufhübschen. «Meistens haben wir für so etwas kein Geld», sagt Angelika Jakob, die das Projekt mit ihren Kolleg:innen aus der Lehrerschaft im Rahmen einer Weiterbildung erarbeitet hatte. Die Schulklassen sollen alternierend im urbanen Garten tätig sein, und für die Menschen aus dem Quartier, die schon heute auf dem Platz anzutreffen seien, schaffe die Begrünung einen Begegnungsort. Die 13’500 erhaltenen Franken gingen für Material und Pflanzen weg, sagt Jakob. «Unsere Arbeit kostet nichts».
Ein kleineres Projekt erhielt ebenfalls «grösseren Zuspruch» aus der Bevölkerung. Ich solle es unbedingt so schreiben, sagt Otmar Wittensöldner. «Man sollte nicht von Gewinnern sprechen, das ist mir fast peinlich.» Er hatte vorgeschlagen, die Feuerstelle nahe des Schorenwalds aufzuwerten, wo er ab und zu vorbeijoggt. Für 4000 Franken können dort nun ein Tisch, Bänke und ein Abfalleimer installiert werden. Zudem soll ein besserer Grill her. «Das Modell habe ich vom Nussbaumersee», sagt Wittensöldner. Beim Ausbildungszentrum Winterthur (AZW) hat er dafür bereits eine Offerte eingeholt.
Rund 4500 Franken erhielten drei Frauen, die mit dem Geld teilweise ihre Workshop-Reihe finanzieren können. «Wir zeigen euch, wie ihr im Alltag, zum Beispiel beim Einkaufen, Lagern und Kochen mehr aus Vorhandenem machen könnt», schreiben sie auf der Projektwebsite. Im Quartierraum in der Halle 710 wollen die Profis aus Gastro, Ernährung und Landwirtschaft einen Reste-Kochkurs inklusive Wissensvermittlung anbieten.
Ob das vom Amt für Stadtentwicklung als Pilot geführte Quartierprojekt auch in anderen Stadtkreisen zur Anwendung kommt, ist noch unklar. Leiter Sozialraum im Amt für Stadtentwicklung, Basil Dietlicher, sagt: «Wir werden das Projekt auswerten und dann entscheiden, ob und in welcher Form es wieder stattfinden kann.» Am Anfang sei es etwas unklar gewesen, ob das Projekt auf Resonanz stosse. «Viele Ideen haben wir erst gegen Ende der Eingabefrist erhalten.» Besonders freut ihn, dass auch Personen teilgenommen hätten, «die noch nie eine Projekteingabe oder etwas Ähnliches gemacht haben.» Aus den Reihen der Ideengeber:innen heisst es, es habe zwar «ein paar Holperer» gegeben. Besonders der partizipative Prozess und die öffentliche Abstimmung am Ende sind aber sehr gut angekommen.
Lesetipp: «Wassertreffpunkte im Winter» heisst die Reportage von Aline Geissmann im aktuellen Coucou-Kulturmagazin. Sie porträtiert den Verein «Brunnen gehn». Die aktuelle Ausgabe kannst du an diesen Orten kaufen.
Wie die meisten Journalist:innen in Winterthur studierte auch Tizian an der ZHAW. Anders als die meisten aber begann er in der Kommunikation, bevor ihn der Journalismus rief. Nach fünf Jahren bei Zuriga startete Tizian bei der Andelfinger Zeitung in den Lokaljournalismus.
Doch bereits nach zweieinhalb Jahren zog es ihn weiter. Allerdings nicht, weil er die Passion für die journalistische Paradedisziplin verloren hatte, im Gegenteil. Als Mitgründer und Chefredakteur von WNTI, macht er jetzt das, was "Winti Chinde" am besten können – über ihre Stadt erzählen.